dbb magazin 11/2021

vorgestellt Verwaltungsdigitalisierung In Bremen vergeben ELFEn Kindernamen Die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen verläuft in der Bundesrepublik mehr als schlep­ pend. Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, konstatierte etwa im Okto­ ber 2021 in der rbb-Fernsehsendung „Wieprecht“, die Verwaltung der Hauptstadt sei „heute schlechter aufgestellt als jede Kreissparkasse“. Das trifft sicher nicht nur auf Berlin zu. Trotzdem gibt es immer wie­ der einzelne Beispiele, die zeigen, dass Verwaltungsdigitalisierung geht – wenn auch in Kinderschritten. Seit Oktober 2020 können Eltern in Bremen über das Internet die Geburtsurkunde ihres neugeborenen Kindes im Rahmen des Online-Projekts ELFE – Einfach Leistungen für Eltern – beantragen. ELFE ist ein gemeinsames Digitalprojekt der Freien Hansestadt Bremen und des Verwaltungsdienstleis­ ters Dataport, der den digitalen Verwaltungsdienst entwickelt hat. Bereitgestellt wird er über die Online-Service-Infrastruk­ tur (OSI) von Dataport, eine technische Plattform für On­ line-Dienste der Verwaltung. Um die Geburtsurkunde mit ELFE online zu beantragen, benötigen die Eltern einen neu­ en Personalausweis, mit dem sie ihre Identität elektronisch nachweisen können. Darüber hinaus müssen sie, da sich ELFE noch in der Pilotphase befin­ det, einige verwaltungsrele­ vante Kriterien erfüllen, etwa, dass ihr Kind in einer der Klini­ ken geboren wurde, die an ELFE teilnehmen. Darüber hinaus müssen sie nach 2001 beim Standesamt Bremen-Mitte ge­ heiratet haben und in Bremen wohnen. Mittlerweile können Eltern über ELFE nicht nur die Geburtsurkunde anfordern und den Namen bestimmen, son­ dern auch Kindergeld und El­ terngeld beantragen sowie in Kürze auch den Kinderzuschlag. < Dicke Bretter gebohrt Der „Vater“ von ELFE ist Dr. Martin Hagen, seit August 2020 Staatsrat im Bremer Finanzressort. Der gebürtige Berliner „hatte eine super Idee. Einfach, schnell und digital sollen Eltern Geburtsurkunde, Kinder- und Elterngeld bekom­ men – mit wenigen Klicks im Netz und ohne Behördengän­ ge. Die Akten sollen laufen, nicht die Eltern“, sagte der Bremer Finanzsenator Dietmar Strehl, nachdem Bundestag und Bundesrat dem Projekt zugestimmt hatten. „Fast alle notwendigen Informationen haben die verschiedenen Be­ hörden, nach der Zustimmung der Eltern können sie die Daten austauschen und sparen so den Müttern und Vätern viel Zeit.“ Hagen und seine Mit­ streiterinnen und Mitstreiter im Finanzressort hätten viele dicke Bretter gebohrt und dem Projekt in Rekordzeit über zahl­ reiche Hürden geholfen. Ein Blick hinter die verwal­ tungstechnischen Kulissen von ELFE zeigt, warum die Digitali­ sierung von Dienstleistungen für ein Bundesland unter Um­ ständen schwieriger und lang­ wieriger ist als zum Beispiel für eine Sparkasse oder einen In­ ternetkonzern, denn der Weg von der Idee zur Umsetzung ist lang. Zunächst mussten die Zuständigen im Bund und bei den Ländern überzeugt wer­ den. Am resultierenden ELFE- Gesetz haben dann das Bremer Finanzressort gemeinsammit zahlreichen Bundesministerien und Bundesbehörden zusam­ mengearbeitet. „Dieses Gesetz war Teamarbeit. Fünf Ministeri­ en und die Länder mussten zu­ sammenarbeiten. Die Digitali­ sierung der Verwaltung ist kein Selbstzweck. Wir wollen damit den Bürgerservice verbessern und die Arbeit der Beschäftig­ ten in den Behörden erleich­ tern“, kommentierte Martin Hagen den Gesetzgebungs- und Umsetzungsprozess. < Eine App ist in Arbeit Das Bundesland Bremen hat die Federführung für das The­ mengebiet Familie und Kind im Zuge des bundesweiten Onlinezugangsgesetzes (OZG) übernommen. Ziel des OZG ist es, bis Ende 2022 alle Verwal­ tungsdienstleistungen online zur Verfügung zu stellen. Die Online-Services für zentrale Familienleistungen rund um die Geburt eines Kindes wur­ den in Bremen entwickelt und sollen dann allen Bundeslän­ dern zur Verfügung gestellt werden. „Eigentlich wollten wir mit der Verabschiedung des Gesetzes Elterngeld und Kindergeld ebenfalls über die App zur Verfügung stellen. Aber auch uns hat Corona aufgehalten”, so Hagen. Ursprünglich sollte die App im Januar 2021 mit einer gesetz­ lichen Sondergenehmigung an den Start gehen. Die App exis­ tiert mittlerweile immerhin als Prototyp für Android-Betriebs­ systeme, kann aber noch keine Anträge generieren. Künftig soll sie das Ausfüllen verschie­ denster Antragsformulare für Familienleistungen auch bun­ desweit sparen, indem sie die Identität der Eltern abfragt und hilft, die Elternzeit zu pla­ nen. Alle für die Anträge benö­ tigten Daten liegen bei den entsprechenden Behörden in der Regel bereits elektronisch vor. Wichtig ist für diese Art des Antrags die Einwilligung der Eltern in den automatisier­ ten Datenaustausch, damit die App die notwendigen Daten bei den verschiedenen Behör­ den wie Standesamt und Fi­ nanzamt einsammeln und an die Elterngeldstelle weiterlei­ ten kann. Wer das nicht möch­ te, kann auch weiterhin die entsprechenden Papieranträ- ge ausfüllen, denn die App ist als freiwillige Möglichkeit zur Antragstellung gedacht. br © Tatiana Syrikova/Pexels.com 20 dbb > dbb magazin | November 2021

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