dbb magazin 11/2021
arbeitnehmerrechte wird durch das Arbeitsschutz gesetz (ArbSchG), die Arbeits stättenverordnung (ArbStättV), das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und das Arbeitssicherheitsge setz (ASiG) ergänzt und kon kretisiert. Für den arbeitsrechtlichen Be griff des Homeoffice, wenn die Arbeit also ausschließlich von zu Hause aus erfolgt, gelten noch strengere Anforderungen. Hier muss der Arbeitgeber gemäß der Arbeitsstättenverordnung genau prüfen, ob die Beschäf tigten an ihremHomeoffice-Ar beitsplatz Gefährdungen ausge setzt sind. Bei der sogenannten Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber die physischen und psychischen Belastungen – etwa durch störende Geräu sche oder ergonomische Män gel – sowie bei Bildschirmar beitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen der Be schäftigten berücksichtigen. Bei der Gefährdungsbeurtei lung ergibt sich bei der Errich tung und dem Betrieb von Telearbeitsplätzen allerdings die für Arbeitgeber wichtige Besonderheit, dass lediglich eine Erstbeurteilung des Ar beitsplatzes durchzuführen ist. Daraus folgt, dass Homeoffice- Arbeitsplätze einmalig, also bei Aufnahme der regelmäßigen Tätigkeit von zu Hause, auf Ge fahren und Sicherheitsrisiken überprüft werden müssen. < Versicherungsschutz Bezüglich des Unfallversiche rungsschutzes hat sich durch das Betriebsrätemodernisie rungsgesetz ebenfalls etwas ge tan. So wurde der Unfallversi cherungsschutz im Homeoffice ausgeweitet. Schon nach gelten dem Recht besteht im Home office und bei sonstiger mobiler Arbeit grundsätzlich gesetzli cher Unfallversicherungsschutz. Der Versicherungsschutz er streckt sich neben der eigent lich versicherten Tätigkeit auch auf sogenannte Betriebswege, zum Beispiel den Weg zum Drucker in einem anderen Raum. Dies gilt sowohl auf der Unternehmensstätte als auch bei der mobilen Arbeit. Unter schiede im Versicherungsschutz gab es dagegen bei Wegen im eigenen Haushalt zum Holen eines Getränks oder zur Nah rungsaufnahme. Diese Wege waren nach der Rechtspre chung des Bundessozialgerichts auf der Unternehmensstätte versichert, im Homeoffice dagegen nicht. Jetzt wurde mit dem Betriebs rätemodernisierungsgesetz eine Versicherungslücke ge schlossen. Mit der neuen Rege lung wurde demnach der Un fallversicherungsschutz von Personen, die ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben, auch auf die Wege erstreckt, die Ar beitnehmerinnen und Arbeit nehmer zur außerhäuslichen Betreuung ihrer Kinder zurück legen. Sie wurden damit den Versicherten gleichgestellt, die ihre Tätigkeit im Unternehmen ausüben. Zudem ist wie bei den bereits anerkannten Wegen zum Drucker auch bei den We gen zum Holen eines Getränks der Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie in der Unternehmensstätte herge stellt worden. < Chancen und Risiken Es lässt sich noch nicht sicher abschätzen, wie sich der Trend zur mobilen Arbeit „nach“ der Pandemie oder mit nach und nach auslaufenden Pandemie regelungen entwickeln wird. Dass es mehr Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer geben und der Anteil des mobilen Ar beitens steigen wird, scheint aber sicher. Auf der anderen Seite ist mobiles Arbeiten in manchen Befufsbildern aller dings nur begrenzt oder gar nicht möglich. DemWunsch vieler Beschäftig ter nach flexiblen Arbeitsfor men könnte eine zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Freizeit entgegenstehen. Ar beitgeber müssen Sorge dafür tragen, die Entgrenzung von Arbeit zu vermeiden. Das be deutet zum Beispiel, dass Ar beitnehmerinnen und Arbeit nehmer grundsätzlich nicht über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten. So gilt etwa nach § 5 ArbZG, dass die Ruhe zeit von elf Stunden grundsätz lich auch beimmobilen Arbei ten eingehalten werden muss. Eine ständige Erreichbarkeit, sei es telefonisch oder per E-Mail, ist zu vermeiden, und auch der nicht ständige Arbeits platz muss gewissen ergono mischen Mindestanforderun gen genügen, um Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewähr leisten. Ebenso muss gewähr leistet werden, dass die flexi blen Arbeitsformen nicht zu Gefühlen der Isolation führen. Der Wert zwischenmenschli cher Interaktion im Betrieb oder in der Behörde darf nicht unterschätzt werden. Zudem gibt es auch Aufgaben, deren Bearbeitung nur oder besser am eigentlichen Arbeitsplatz erfolgen kann, obwohl die Ar beit ansonsten grundsätzlich von zu Hause zu erledigen ist. Hier sind alle Beteiligten auf gerufen, die Koordination des Arbeitsablaufs möglichst rei bungsfrei zu gestalten. Es gibt also eine Vielzahl von Themen, Problemen und Chancen, die bei zunehmender Arbeit von unterwegs oder zu Hause besprochen und gere gelt werden müssen. Das ist nicht nur Aufgabe des Gesetz gebers. Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitge ber müssen zum Nutzen aller zusammenarbeiten. rh < Mobiles Arbeiten kann Fle xibilität bringen, aber auch Stress durch Entgrenzung der Arbeit hervorrufen. © Vlada Karpovich/Pexels.com © Tima Miroshnichenko/Pexels.com 25 dbb > dbb magazin | November 2021
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