dbb magazin 12/2021
„ Klimaschutz stark verteuert“, weil der Staat beides stärker fördert, wenn er gleichzeitig umweltschädliche Produkte und Verfahren subventioniert. „Aktuell werden ökonomische An reize in gegensätzliche Richtungen gesetzt – mal für, mal ge gen den Umwelt- und Klimaschutz. Ein Beispiel dafür ist das unsinnige Nebeneinander von Dieselprivileg für Verbrenner und Kaufprämien für Elektroautos“, erläutert UBA-Präsident Messner. Das in der Studie angegebene Subventionsvolumen von 65,4 Milliarden Euro im Jahr 2018 entspreche nicht dem Finanzie rungsspielraum, über den die öf fentlichen Haushalte nach dem empfohlenen Subventionsabbau verfügen können, macht das Gutachten deutlich. Der Abbau umweltschädlicher Steuerver günstigungen könne sogar „zu umweltpolitisch erwünschten Anpassungsreaktionen führen, die das Steueraufkommen schmä lern“. Zum Beispiel erhöhe ein An stieg des Energiesteuersatzes auf Diesel den Anreiz, Sprit zu sparen und auf ein Elektrofahrzeug umzusteigen. Teile der frei geworde nen Mittel müssten zudem für flankierende Maßnahmen zur Abfederung sozialer und ökonomischer Folgen verwendet werden. Ein weiterer Hemmschuh ist nach Ansicht der Gutachter, dass eine Reihe von umweltschäd lichen Subventionen, wie zum Beispiel die Kerosinsteuerbefreiung auf inner- und außer europäische Flüge, nur bedingt auf nationaler Ebene abbaubar sind. Derzeit plant die EU- Kommission die Luft- und Schifffahrt schritt weise in die Energiebesteuerung einzubeziehen sowie Diesel und Benzin einheitlich entsprechend ihres Energiegehalts zu besteuern. Dies würde den Ab bau deutlich voranbringen. „Die Bundesregierung sollte den Rü ckenwind aus Brüssel nutzen und sich für einen ambitionierten Abbau umweltschädlicher Subventionen auf EU-Ebene einset zen“, empfiehlt Dirk Messner. Durch internationale Vereinba rungen zur CO 2 -Bepreisung oder die Einführung von CO 2 -Grenz ausgleichsmechanismen könnten auch solche Subventionen überflüssig werden, die einheimische Industrien bislang vor Umweltdumping schützen. Reformvorschläge sollen ein umweltgerechtes Leben erleichtern Die UBA-Studie enthält auch Reformvorschläge, wie sich die Subventionen abbauen ließen. ImWohnungswesen, bei den energiebezogenen Subventionen für die Wirtschaft oder in der Landwirtschaft gehe es nicht in erster Linie darum, das Subven tionsvolumen insgesamt zu verringern. Vielmehr sollten die Subventionen so umgebaut werden, dass sie Investitionen für die sozial-ökologische Transformation mobilisieren und ein um weltgerechtes Leben erleichtern. In manchen Fällen sei der Abbau umweltschädlicher Subventio nen schon deshalb sinnvoll, weil sie ineffizient sind und die ur sprünglichen Förderziele ihren Sinn verloren haben – etwa die geringere Energiesteuer für Ag rardiesel und die Kraftfahrzeug steuerbefreiung für landwirt schaftliche Fahrzeuge. Bei anderen umweltschädlichen Subventionen sei der Abbau auch aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit geboten. Das gelte für die private Nutzung von Dienstwagen, die der Staat mit mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr subventioniert. „Davon profitieren überwiegend Haus halte mit hohen Einkommen. Diese Subvention ist nicht nur umweltschädlich, sondern auch sozial ungerecht. Sie gehört ab geschafft“, macht der UBA-Prä sident deutlich. Gelder, die durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen frei werden, müssten genutzt werden, um Unternehmen beim Umstieg auf treibhausgasneutrale Produkti onsweisen zu helfen, empfiehlt das Gutachten. Frei werdende Gelder müsse der Staat außer dem nutzen, um die privaten Haushalte zu entlasten. Bei einer Reform der Entfernungspauschale wäre etwa eine Lösung nötig, die sowohl die Sozialverträglichkeit sichert als auch die positive Umweltwirkung verstärkt. Besonders wichtig wäre eine Härtefallregelung für Fern pendler sowie der massive Ausbau des ÖPNV, ge rade auch auf dem Land. Auch der von UBA für ratsam gehaltene Abbau der niedrigen Mehrwertsteuer auf Fleisch und andere tierische Produkte müsste sozial flankiert und in eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer eingebettet wer den, die die Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle entlastet – etwa durch eine geringe Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und andere pflanzliche Nahrungsmittel sowie günstige Bus- und Bahntickets. Damit der Abbau beziehungsweise die Reform umweltschädli cher Subventionen künftig systematisch erfolgt und die Sub ventionspolitik effektiver und effizienter wird, formuliert die UBA-Studie Leitlinien für eine umweltorientierte Subventions politik und empfiehlt einen „Umweltcheck“ für alle Subventio nen. Grundsätzlich, so die Empfehlung der Gutachter, sollten nur noch Subventionen gewährt werden, die in Einklang mit einer nachhaltigen Entwicklung stehen. Um dies zu gewähr leisten, sollte künftig stets geprüft werden, ob es umwelt freundlichere Alternativen für die Subvention gibt. ■ „Beim Klimaschutz rennt uns bekanntlich die Zeit davon. Es ist daher wichtig, auch beim Abbau umweltschädlicher Subventionen schnell voranzukommen. Das entlastet die öffentlichen Haushalte und ermöglicht klimagerechte Investitionen, die mit Augenmaß für die sozialen und wirtschaft lichen Folgen erfolgen müssen.“ Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes dbb magazin | Dezember 2021 FOKUS 21
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