dbb magazin 1-2/2022

Jahrgang 1966, ist Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und arbeitete für die Unternehmensberatung Roland Berger. 1995 promovierte er am Institut für Wirtschaft und Ökologie der Universität St. Gallen und habilitierte 1998. Zwischen 2010 und 2020 war Schneidewind Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie und lehrte gleichzeitg an der Bergischen Universität Wuppertal. Von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde er zweimal als einer der 100 einflussreichsten deutschen Ökonomen ausgezeichnet und ist Mitglied imWissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung. Prof. Dr. Uwe Schneidewind Jahrgang 1952, ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Nach dem Studium der Rechts- und Politikwissenschaften arbeitete er als Richter am Landgericht Bonn sowie im Justizministerium in Düsseldorf. Anschließend wurde er in das Bundesministerium der Justiz abgeordnet. Nach seiner Ernennung zum Richter am OLG Düsseldorf im Jahre 1991 wurde er ein Jahr später zum Beigeordneten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes gewählt. 1996 wurde Landsberg zum Geschäftsführenden Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes gewählt und leitet den kommunalen Spitzenverband seit 1998 in Berlin. Dr. Gerd Landsberg © CC 4.0/JRFG © Bernhardt Link/DStGB Nach Auffassung von Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), ist die Meinung der Bürgerinnen und Bürger über die Verwaltung „gar nicht so schlecht“. Die derzeitige zentrale Herausforderung sei, alle Verwaltungsdienstleistungen bis Ende des Jahres, wie im Onlinezugangsgesetz (OZG) vorgeschrieben, abzubilden. Dabei sei die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger enorm hoch. Leider sei „die Verwaltung aber noch weit entfernt vom Amazon-Prinzip ,heute bestellt, morgen geliefert‘, denn wir machen immer noch analoge Gesetze, die in den Kommunen digital umgesetzt werden sollen. Da müssen wir noch besser werden.“ Ausdrücklich betonte er, dass sich das „Amazon-Prinzip“ aber nicht auf die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst beziehen dürfe. „Im Gegenteil ist ein weiterer wesentlicher Faktor bei der Verwaltungsdigitalisierung die Fachkräftegewinnung. Wir werden gerade im IT-Bereich zwar niemals das zahlen können, was die Wirtschaft zahlt. Dafür können wir junge Leute mit weichen Faktoren wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sicheren Arbeitsbedingungen und fairen Karrierechancen binden und sollten offensiver damit werben.“ Bürgerinnen und Bürger wollten vor allem schnelle Alltagsdienstleistungen, die sie bei ihrer Kommune niedrigschwellig abrufen können. Dabei müsse es natürlich auch Angebote für Menschen geben, die mit dem Digitalen nicht so gut zurechtkommen. „Allerdings führt hier die deutsche Sehnsucht nach der Einzelfallgerechtigkeit zu einem zu großen Wust an Einzelvorschriften. Wenn die sich dann auch noch alle drei Wochen ändern, können wir nur verlieren.“ Prof. Dr. Sabine Kuhlmann, stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrates (NKR), nannte zahlreiche „Verwaltungsbaustellen“, die der NKR in seinen Analysen stets im Zwiespalt zwischen Lippenbekenntnissen und Umsetzbarkeit betrachte – ganz vorne dabei das „Once-Only-Prinzip, bei dem Bürgerinnen und Bürger Daten nur einmal eingeben müssen, um damit viele übergreifende Verwaltungsdienstleistungen nutzen zu können“. Um das zu erreichen, müssten Gesetze immer auch auf ihre Digitaltauglichkeit abgeklopft werden, damit sie in den Institutionen des Staates ebenenübergreifend umgesetzt werden könnten. Weiter müssten Planungsverfahren beschleunigt und die Verwaltungskultur modernisiert werden. Dass Empfehlungen des NKR oft nicht in Politik und Verwaltung ankommen, sah Kuhlmann auch dem sehr komplexen deutschen Governance-Gefüge geschuldet: „Der Teufel steckt hier auch in den Details der Umsetzung im föderalen Systemmit seinen oft schleppenden Prozessen.“ Hinzu kämen Probleme, die aus allgemein fehlendem Personal, zu wenigen Fachkräften und mangelnder durchsetzungsstarker Federführung resultierten: „Entscheidungsstrukturen müssen in Deutschland einfach verbindlicher werden. Nicht jeder muss alles selbst erfinden. Stattdessen wäre es effektiver, wenn einmal entwickelte praktikable digitale Lösungen an anderer Stelle niederschwellig übernommen würden.“ Die Verwaltung und ihre Verfahren hält Kuhlmann für geeignete Vehikel, Klimaschutzziele zu erreichen: „Eine Stellschraube dabei sind zum Beispiel die Planungs- und Genehmigungsverfahren. Werden die beschleunigt, kann auch das als Beitrag der Verwaltung zum Klimaschutz bewertet werden.“ „Wir machen immer noch analoge Gesetze, die in den Kommunen digital umgesetzt werden sollen. Da müssen wir noch besser werden.“ Dr. Gerd Landsberg „Entscheidungsstrukturen müssen in Deutschland einfach verbindlicher werden. Nicht jeder muss alles selbst erfinden.“ Prof. Dr. Sabine Kuhlmann 20 FOKUS dbb magazin | Januar/Februar 2022

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