dbb magazin 1-2/2022

Digitalisierung der Verwaltung Zu viel „Kleinklein“ Coronapandemie Impfpflicht ohne Kontrolle wird zum Papiertiger Eine Impfpflicht könne nur mit ausreichend Personal und entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten umgesetzt werden, mahnt dbb Chef Ulrich Silberbach in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (online am 16. Januar 2022). Wenn die Politik eine Impfpflicht beschließt, muss sie dafür sorgen, dass es ausreichend Personal für Kontrollen und Sanktionen gibt. Andernfalls wird der Riss in unserer Gesellschaft noch tiefer“, schreibt Silberbach. „Aus Sicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, mindestens von Polizei, Justiz, Ordnungsämtern und allgemeiner Verwaltung, stellt sich die Frage, wie eine allgemeine Impfpflicht denn überhaupt umgesetzt werden soll. Deutschland ist weder personell noch bezüglich seines Digitalisierungsstandes auf eine solche Aufgabe vorbereitet“, warnt der dbb Chef. „Eine Pflicht ohne Kontrollen und Sanktionen wird ein Papiertiger bleiben.“ Seit Jahren seien eine immer stärkere Verrohung der Gesellschaft sowie zunehmende verbale und physische Übergriffe gegen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu beobachten. „Wer schützt die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes, wenn sie Mitmenschen gegenübertreten, die den Staat für eine dunkle Macht halten, gegen die es sich in ihrem völlig verzerrten Weltbild mit allen Mitteln zu verteidigen gilt? Auf diese Fragen muss die Bundesregierung, müssen alle Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht klare und verbindliche Antworten liefern“, forderte Silberbach. ImMärz soll der Deutsche Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht entscheiden. Bundeskanzler Olaf Scholz will sie, gibt die Entscheidung aber frei, weil es in der FDP starke Zweifel gibt. Die Ampelkoalition hat also keine sichere eigene Mehrheit. Da CDU und CSU die Impfpflicht aber vehement fordern, gilt die Zustimmung des Parlaments als sehr wahrscheinlich. ■ Der Staat muss mehr Geld und Eifer in die Digitalisierung stecken“, sagte der dbb Bundesvorsitzende. „Mit dem Onlinezugangsgesetz sollen Bürger künftig 575 Leistungen online abrufen können. Eine gute Sache. Ich sehe aber nicht, dass das wie geplant bis Jahresende gelingt. Digitalisierung heißt ja mehr, als ein PDF herunterladen zu können, das man dann von Hand ausfül- len muss.“ Bei diesem Zukunftsthema herrsche in Deutschland generell zu viel „Kleinklein“ und zu wenig Koordinierung. Silberbach: „Wir brauchen zentrale Zuständigkeiten statt eines IT-Stabs in jedemMinisterium. Die Fitko, die Föderale IT-Kommission, braucht eigenes Personal und eigene Mittel, um Digitalisierung zentral durchzusetzen.“ Mit Blick auf den besonderen Fachkräftemangel im IT-Bereich wies der dbb Chef das Argument zurück, die Bezahlstrukturen des öffentlichen Dienstes böten zu wenig Spielräume für die Personalgewinnung. Silberbach: „Die Tarifverträge sind flexibel. Bayern etwa zahlt IT-Experten eine monatliche Zusatzprämie von 1000 Euro und bietet vergünstigten Wohnraum. Davon können andere Länder lernen.“ Dem Ansinnen, durch die Digitalisierung kurzfristig Personal in der Verwaltung einzusparen, erteilte der dbb Bundesvorsitzende eine klare Absage: „Wenn Computer Routineaufgaben übernehmen, hat der Beamte mehr Zeit für anspruchsvolle Arbeit und Beratung. Beispiel: Wenn der Steuerbescheid automatisch erstellt wird, können mehr Beamte als Betriebsprüfer arbeiten und so die Steuergerechtigkeit erhöhen.“ Aktuell würden dem öffentlichen Dienst ohnehin bereits über 330000 Leute fehlen. ■ Im Interviewmit der „Rheinischen Post“ (Aus- gabe vom 8. Januar 2022) hat dbb Chef Ulrich Silber- bach eine konsequentere Modernisierung des öffentlichen Dienstes gefordert. Foto: Colourbox.de 4 AKTUELL dbb magazin | Januar/Februar 2022 NACHRICHTEN

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