dbb magazin 3/2022

Ganze Verbindlichkeit und klare Zielvorgaben. Mir ist dabei besonders wichtig, dass wir die Betroffenen eng einbeziehen. Wir brauchen die Expertise von Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte, von Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind. Dazu kann ein Partizipationsrat beitragen. Als ab 2015 die Zahl der Menschen auf der Flucht, die in Deutschland nach Schutz suchten, stark anstieg, kamen die zuständigen Behörden mit den vorhandenen personellen Kapazitäten schnell an ihre Grenzen – und mussten teilweise weit darüber hinausgehen. Wie sehen Sie den öffentlichen Dienst heute in Ihren Themenfeldern „Migration, Flüchtlinge und Integration“ aufgestellt und wo gibt es Verbesserungspotenzial? Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden oder Standesämter unterbesetzt sind, können sie ihren vielfältigen Aufgaben nicht gerecht werden – geschweige denn beratend zur Seite stehen. Die aktuelle Pandemie erschwert die Lage zusätzlich. Mir ist wichtig, dass wir die Behörden weiter zu Dienstleistern entwickeln, die unserer vielfältigen Bevölkerung gerecht werden können. Dafür müssen wir sie unterstützen und personell besser aufstellen. Den Beschäftigten müssen wir Fortbildungsprogramme anbieten, die sie auf die neue Situation vorbereiten. Und wir müssen für ein Arbeitsklima sorgen, in demman sich trotz hoher Belastung wohlfühlt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sind so engagiert und motiviert – das müssen wir wertschätzen. Dazu gehört mehr Personal genauso wie gute Arbeitsbedingungen. ■ Ich setze mich für gezielte Maßnahmen ein, damit Menschen mit Einwanderungsgeschichte nicht länger benachteiligt werden. Dazu gehören eine breite Kampagne und Coachingprogramme. Aber auch, dass Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen bei der Eignungsbewertung berücksichtigt werden. Das steht der Bestenauslese nicht imWege, im Gegenteil: Der öffentliche Dienst einer modernen Einwanderungsgesellschaft profitiert davon. Die letzte große Erhebung „Kulturelle Diversität und Chancengleichheit in der Bundesverwaltung“ stammt von 2020. Haben Sie Pläne, die Datenbasis zum Thema zu verstetigen und zu verbessern? Auch mit Blick auf Länder und Kommunen? Durch die Erhebung haben wir erstmals repräsentative Daten zur kulturellen Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung. Um eine Entwicklung zu erkennen, ist es wichtig, die Befragung regelmäßig durchzuführen. Nur dann können wir auch sehen, was sich über die Zeit verändert. Geplant ist es, die Studie alle vier Jahre zu wiederholen. Und natürlich wollen wir sie auch weiterentwickeln. Wir wollen untersuchen, wie sich bestimmte Maßnahmen auswirken oder auch wie kulturelle Vielfalt überhaupt noch statistisch erfasst werden kann. Besonders wichtig ist mir außerdem, mehr darüber zu erfahren, welche persönlichen Diskriminierungserfahrungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebt haben. Selbstverständlich tauschen wir uns in diesem Prozess auch mit den Ländern und Kommunen aus und teilen unsere Erfahrungen. Der Ampelkoalitionsvertrag sieht eine Diversity-Strategie für die Bundesverwaltung und Unternehmen mit Bundesbeteiligung vor. Haben Sie dafür schon einen Zeitplan? Und welche Rolle sollten Gewerkschaften sowie Personal- und Betriebsräte Ihrer Meinung nach in dem Prozess spielen? Aktuell befinden wir uns noch in der Vorplanung. Aber mir ist es sehr wichtig, unsere Partnerinnen und Partner aus der Zivilgesellschaft, von Migrantenorganisationen, NGOs, Gewerkschaften und sozialen Organisationen eng in den Prozess einzubinden. Darüber hinaus tausche ich mich natürlich auch grundsätzlich mit den Gewerkschaften dazu aus, wie wir Diversity weiter voranbringen können. Ich schätze ihre Expertise sehr. Für mehr Repräsentanz und Teilhabe der Einwanderungsgesellschaft will die Ampel ein Partizipationsgesetz mit dem Leitbild „Einheit in Vielfalt“ vorlegen. Die Einführung eines „Partizipationsrates“ wird als Option genannt. Was ist damit konkret gemeint? Wird das auch den öffentlichen Dienst betreffen? Mit dem Partizipationsgesetz wollen wir endlich gesetzlich verankern, dass der Bund Vielfalt fördert. Dadurch bekommt das Ich setze mich für gezielte Maßnahmen ein, damit Menschen mit Einwanderungsgeschichte nicht länger benachteiligt werden. Dazu gehören eine breite Kampagne und Coachingprogramme. ... ist seit Dezember 2021 Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Am 23. Februar 2022 wurde die in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsene Tochter aus dem Irak stammender Einwanderer zudem zur Antirassismusbeauftragten berufen. Dieses Amt wurde erstmals auf Bundesebene vergeben. Reem Alabali-Radovan ... FOKUS 15 dbb magazin | März 2022

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