dbb magazin 3/2022

2015 im Einsatz ist. Bevor es diese mobile Einheit gab, mussten die Geflüchteten von der zentralen Anlaufstelle in Moabit nach Lichtenberg, um sich untersuchen zu lassen. „Es gibt Länder in Osteuropa“, sagt Langenbach, „wo Tbc immer noch ein Thema ist. Deshalb werden alle ankommenden Erwachsenen geröntgt, um eine Tuberkuloseerkrankung auszuschließen.“ Bei der Vorstellung des Röntgenbusses im Juli 2015 sagte der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU), die Wartezeit für Geflüchtete verkürze sich durch die Anschaffung auf sechs bis zehn Tage. Das war zu der Zeit, als täglich über 1000 Menschen vor dem damals zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) ankamen. Viele harrten wochenlang um das Amt aus, kampierten vor dem Gebäude und warteten darauf, überhaupt ihren Asylantrag stellen zu können. Die Registrierung dauert heute wenige Stunden, nach wenigen Tagen werden sie auf eine Unterkunft weiterverteilt. Die Erfassung und Unterbringung ist die zentrale Aufgabe des LAF. Dass es ummehr geht als um Registrieren, das beschreibt LAF-Präsident Alexander Straßmeir so: „Für die Kolleginnen und Kollegen im Ankunftszentrum wie auch rund um die 85 Unterkünfte des LAF bedeutet Willkommenskultur ein geschütztes Ankommen in einem neuen Land, einer neuen Kultur. Erkennungsdienstliche Maßnahmen und Sicherheitsprüfungen sind notwendig. Wichtig ist darüber hinaus aber auch die professionelle medizinische Betreuung wie auch die Unterbringung in qualitätsgesicherten Häusern, etwa auch für allein reisende Frauen und Mütter oder Angehörige aus dem LGBTIQ-Spektrum.“ Es wird geprüft, wer hier sein darf, wer woandershin muss und wer überhaupt zuständig ist für die neu Angekommenen. In den Modularen Unterkünften finden sich hauptsächlich Mehrbettzimmer mit Doppelstockbetten für jeweils vier Personen. Es gibt Teeküchen und die Möglichkeit, Kindernahrung zu erwärmen. In der Nähe ist eine Kantine, in der die Menschen täglich ihr Essen holen können, aber wegen der Pandemie sind die Räume geschlossen. Gegessen wird in den Zimmern. Bis zum Jahr 2006 war in den Altbauten auf dem weitläufigen Gelände über 120 Jahre die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik untergebracht, zuletzt das Vivantes Humboldt-Klinikum. Seit dessen Schließung bestimmt die gemischte Nutzung das weiträumige Gelände im Berliner Nordwesten. Rechts an der schmalen Straße zwischen dem AKUZ und der aus Wohncontainern bestehenden Flüchtlingssiedlung weiter hinten ist das Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Gegenüber liegt die Hippotherapie, wo Menschen mit Erkrankungen am Nervensystem oder Bewegungsapparat auf speziell geschulten Ponys und Pferden therapeutisch reiten. Die vom Senat beauftragte Tamaja Berlin GmbH, ein gemeinnütziger freier Träger, hat das AKUZ seit seiner Gründung im Jahr 2016 „von Grund auf konzeptioniert, aufgebaut und betrieben“, heißt es auf der Unternehmenshomepage. Das LAGeSo richtete im Jahr 2013 erstmals eine Notunterkunft auf dem Gelände ein. „An diesem Standort sind an jedem Tag im Jahr rund um die Uhr Menschen, die sich um Neuankommende kümmern“, sagt Langenbach. Im Jahr 2021 sind rund 13 000 Menschen in Berlin ins Asylverfahren gegangen. Es sind noch mehr angekommen, aber einige werden nach dem Königsteiner Schlüssel weitergeleitet. Dieser legt seit 1949 fest, wie die Kosten für gemeinsame Vorhaben zwischen den Bundesländern konkret aufgeteilt sind. Der Anteil richtet sich zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl und zu zwei Dritteln nach dem Steueraufkommen. Berlin muss sich danach um fünf Prozent der in Deutschland ankommenden Asylsuchenden kümmern. Im Jahr 2021 hat sich die Zahl der hier Angekommenen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die größte Gruppe machen derzeit Menschen aus der Republik Moldau aus. „Die Menschen sind im Schnitt derzeit zwei Nächte bei uns“, sagt Alexander Djacenko, der das Ankunftszentrum leitet. „So lange dauert es, bis der reine Bearbeitungsprozess abgeschlossen ist.“ Dann werden die Leute in die Treskowstraße gebracht und von dort auf die Berliner Unterkünfte verteilt. Im AKUZ sind an diesem Donnerstag rund 150 Menschen und an der Treskowstraße rund 120 untergebracht, dazu kommen rund 60 in einer Nachtunterkunft. Im AKUZ arbeiten rund 90 Beschäftigte des LAF sowie noch mehrere Dutzend Beschäftigte vom Deutschen Roten Kreuz, der Polizei sowie dem Betreiber. Ankunft in der neuen Stadt „Drüben am Haus 2 kommen die Menschen an und sagen das erste Mal ,Asyl‘“, erzählt Djacenko. Zuständig ist die Abteilung 1 des LAF, Registrierung & Leistung. Und wenn die ihre Arbeit ge- tan hat, tritt die Abteilung 2 „Unterkünfte“ auf den Plan. Hier arbeitet Ronald Schulz-Töpken mit seinem Team. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen überwacht er unter anderem die Qualitätssicherung der Unterkünfte. Über 200 Mal waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAF zu Qualitätskontrollen Alexander Djacenko erklärt den Registrierungsprozess im Ankunftszentrum. Im Ankunftszentrum ist es nicht immer so ruhig wie an diesem Tag. „Willkommenskultur bedeutet ein geschütztes Ankommen in einem neuen Land, einer neuen Kultur.“ Alexander Straßmeir FOKUS 21 dbb magazin | März 2022

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