Das neue europäische Wachstumsmodell fördert ebenso ökologische Ambitionen, da Macron die Annahme und Umsetzung eines Kohlenstoffanpassungsmechanismus, auch bekannt als Kohlenstoffsteuer, verspricht, der es der europäischen Industrie ermöglichen soll, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Präsidentschaft wird sich auch auf die hochpolitische EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen konzentrieren. Mit diesem Dossier soll das Fehlen eines harmonisierten Standards im Finanzsektor bei der Offenlegung der Nachhaltigkeit von Anlageprodukten behoben werden. Ein zentraler Streitpunkt wird die Einstufung von Kernenergie und Erdgas als nachhaltige Energiequellen sein. Frankreich drängt seit Langem auf die Einbeziehung der Kernenergie. Wie durch das Durchsickern des ergänzenden delegierten Rechtsakts im Januar deutlich wurde, stehen die Franzosen kurz davor, dies zu erreichen, zu- mal Deutschland auf die Einstufung von Erdgas als im Übergang nachhaltig angewiesen ist. Es wird nun an der französischen Präsidentschaft liegen, die Fortsetzung des Prozesses zu leiten. EU-Verteidigungspolitik voranbringen Eine weitere wichtige Priorität der französischen Ratspräsidentschaft ist es, die EU-Verteidigungspolitik voranzubringen. Frankreich drängt seit 2017 auf erhebliche Fortschritte in der europäischen Verteidigungspolitik. So hatte es die Initiative zur Einrichtung eines europäischen Verteidigungsfonds und der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU ergriffen. Die PESCO wird von anderen EU-Mitgliedstaaten als Ergänzung zur NATO angesehen. Die EU arbeitet derzeit an einem Europäischen Strategiekompass, einem Dokument, in dem die ehrgeizigen Sicherheits- und Verteidigungsziele der EU für das nächste Jahrzehnt aufgeführt sind. Das Dokument würde die von Frankreich geforderte strategische Autonomie der EU operationalisieren und es Brüssel ermöglichen, Europas Sicherheitsverantwortung direkt anzugehen. Präsident Macron hat den Aufbau einer europäischen Armee proaktiv vorangetrieben, um die Unabhängigkeit Europas von der NATO zu vergrößern. In seiner Rede zur Ratspräsidentschaft im Dezember letzten Jahres sagte Macron hierzu: „In diesem Zusammenhang wird unsere Präsidentschaft dazu dienen, den sogenannten ‚Strategischen Kompass‘ festzulegen.“ Hierbei handelt es sich um ein europäisches Weißbuch zu den Themen Verteidigung und Sicherheit, das den Stand der Bedrohungen aufzeigt und gleichzeitig die gemeinsamen Entscheidungen, Orientierungen und Ziele darstellt. „Angeregt wurde dieser strategische Kompass unter deutschem Vorsitz, zu einem konkreten Ende gebracht wird er unter französischer Präsidentschaft beim Europäischen Rat im kommenden März“, so Macron. Der französische Präsident fordert neue Analysen der Bedrohungen, neue Ziele für die Verteidigungsindustrie und gemeinsame Manöver und die Definition gemeinschaftlicher Partnerschaften in der Sicherheitspolitik. Bedeutung Afrikas hervorheben Darüber hinaus hat Macron die Bedeutung des afrikanischen Kontinents hervorgehoben und einen EU-AfrikaGipfel angekündigt, der im Februar in Brüssel stattgefunden hat und deutlich machte, dass Frankreich seine Agenda für strukturelle Initiativen gegenüber Afrika fortsetzt. Er hat auch den Wunsch geäußert, ein neues Wirtschafts- und Finanzabkommen mit Afrika zu schließen, das über die europäische Initiative Global Gateway hinausgeht. Auch der Balkan ist für Frankreich und die EU von größter Bedeutung, da Macron auf den Schutz der Minderheiten in der Region und neuerdings auch auf die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit den westlichen Balkanländern drängt. Paris hatte diese zwischenzeitlich blockiert. Das Programm der französischen Ratspräsidentschaft ist zweifellos ehrgeizig. Inwiefern alle Vorhaben, besonders vor dem Hintergrund der Omikron-Variante und den Präsidentschaftswahlen im April sowie den voraussichtlich darauffolgenden Parlamentswahlen erreicht oder zumindest in die Wege geleitet werden, wird sich in einem halben Jahr zeigen. en Präsident Emmanuel Macron verspricht ein ehrgeiziges Programm für die sechsmonatige Amtszeit Frankreichs: „Sie können auf mein volles Engagement zählen“, sagte er in seiner Neujahrsansprache. INTERN 29 dbb magazin | März 2022
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