dbb magazin 4/2022

gen, nicht aber die Pflege, abgedeckt sind, sodass vor allem an der Pflege gespart wird – mit kürzeren Liegezeiten für die Patienten und weniger Personal auf den Stationen. Länder patzen bei Zahlungsverpflichtungen Auf der Bundesländerseite leiden die Krankenhäuser seit Langem unter der schlechten Zahlungsmoral der verantwortlichen Geldgeber: Den Kliniken fehlen Milliarden, weil die Länder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, und weiterer Personalmangel ist eine direkte Folge dessen. Laut einer aktuellen Bestandsaufnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hat sich der „bestandserhaltende Investitionsbedarf“ der Krankenhäuser in Deutschland von 6,1 Milliarden Euro im Jahr 2019 über 6,2 Milliarden im Jahr 2020 auf 6,3 Milliarden im Jahr 2021 erhöht. Zur Verfügung gestellt wurden den Kliniken von den Ländern im Jahr 2020 lediglich rund 3,27 Milliarden Euro. Diese chronische Unterfinanzierung im Investitionsbereich besteht seit Jahren und zwingt die Klinikbetreiber zu Querfinanzierungen, um dringend notwendige Investitionen, wie bauliche Erweiterungen und Sanierungen, die Modernisierung von OP-Sälen und anderer Medizintechnik und die Digitalisierung, trotzdem realisieren zu können. Um über die Runden zu kommen, werden dafür dann Gelder verwendet, die eigentlich für die Patientenversorgung gedacht waren – und dort am Ende auch wieder fehlen. Die Folge: Einsparungen beim Personal, einige Häuser müssen im schlimmsten Fall aus wirtschaftlichen Gründen schließen. „Solange Bund und Länder ihren gesetzlichen Pflichten zur Finanzierung der Krankenhäuser nicht nachkommen, bleiben alle Zusicherungen der Politik zur Verbesserung der Lage in den Krankenhäusern Sonntagsreden“, sagt DKG-Vorstandschef Gerald Gaß. Die Unterfinanzierung drohe die bisher gute Krankenhausversorgung zu gefährden. Dauerstresstest fürs Personal Weil nun vielerorts auch der Profit maximiert werden muss, haben sich viele Kliniken generell aufs Sparen verlegt – und auch das trifft natürlich vor allem das Personal. Pflegende müssen hierzulande besonders viele Patientinnen und Patienten betreuen, und spätestens unter dem Druck der Coronapandemie wer- fen nun viele von ihnen entnervt und enttäuscht das Handtuch. Der Klinikstresstest der zwei vergangenen Jahre hat gezeigt, dass die gnadenlose Optimierung auf das Fallpauschalensystem in der verhängnisvollen Kombination mit der Unterfinanzierung durch die Bundesländer zu Frust und Resignation bei allen Beteiligten führt und zudem auch medizinische und sozialpolitische Verwerfungen zur Folge hat, die es mit einer möglichst breit und nachhaltig angelegten Reform zu verhindern gilt. Wie also könnte eine Perspektive aussehen, die Kliniken finanziell und medizinisch krisenfester macht – und zudem dafür sorgt, dass sich Personal und Patienten dort wohlfühlen? Ein interessantes Konzept hat das Land Schleswig-Holstein bereits vor zwei Jahren, im Januar 2020, im Vorfeld der damals tagenden BundLänder-Arbeitsgruppe zur Reform der Krankenhausfinanzierung, ausgearbeitet. Die Idee: die Länder unabhängiger vom Bund machen sowie durch eine Neugestaltung der DRG die derzeit bestehenden Fehlanreize für die Leistungserbringer zur Überversorgung stark reduzieren. Eine erlösunabhängige Basisfinanzierung soll die Finanzierung der akutstationären Versorgung der Bevölkerung auf dem Land und in den Städten mit ihren spezifischen Vorhaltekosten sicherstellen. Diese Basisfinanzierung soll die leistungsbezogene Abrechnung künftig ergänzen, da die bisherigen Sicherstellungszuschläge den Krankenhäusern keine ausreichende Planungssicherheit geben. Darüber hinaus müssen verbindliche Vorgaben für die Mindestausstattung sowie Mindestfallzahlen festgelegt werden, um Fehlanreize im Bereich der Erbringung hochkomplexer Eingriffe zu minimieren. Im Hinblick auf die Basisfinanzierung dürfe nicht allein die Größe eines Krankenhauses maßgeblich sein, vielmehr sei die Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung miteinzubeziehen, so das Konzept aus Kiel. Die Planungsbehörden der Länder müssten in ihrer krankenhausplanerischen Entscheidungskompetenz rechtlich gestärkt werden. Hierzu wurde vorgeschlagen, im Bundesrecht eine Öffnungsklausel für die Länder zu implementieren, die es ermöglicht, regionalspezifische und sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen. Nun bleibt abzuwarten, wie die neue Bundesregierung das Thema Krankenhausfinanzierung angehen wird. So viel ist sicher: Es braucht ein tragfähiges, flächendeckendes Kliniknetz mit ausreichend sichergestellter Versorgung für die Menschen, guten Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal und nachhaltiger wie verlässlicher Finanzierung. iba Der dbb plädiert dafür, das Fallpauschalensystem um eine erlösunabhängige Basisfinanzierung zu ergänzen. Hierdurch könnten beispielsweise die sogenannten „Vorhaltekosten“ abgedeckt werden – also insbesondere das Freihalten von Betten, wie es aus Pandemiezeiten bekannt ist. Eine solidere Finanzierung der Krankenhäuser, die weniger ökonomischen Zwängen geschuldet ist, ohne jedoch Wirtschaftlichkeitsaspekte außer Acht zu lassen, komme sowohl Patientinnen und Patienten als auch dem Personal zugute, heißt es in einer Bewertung des Konzepts durch den dbb. Allerdings wird dadurch einerseits Überversorgung, zum Beispiel durch medizinisch nicht unbedingt erforderlichen Gelenkersatz, nicht zwingend vermieden. Andererseits wären die Krankenhäuser dann aber nicht mehr genötigt, finanzielle Engpässe über schlechtere Arbeitsbedingungen auf dem Rücken des Personals abzufedern. Finanzierung nachhaltig sichern Model Foto: Colourbox.de AKTUELL 13 dbb magazin | April 2022

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