Fördervolumen von über einer Milliarde sich derzeit in der Evaluierung befinden und voraussichtlich Mitte des Jahres vergeben werden. Der Fonds verfolgt dabei zweierlei Ziele: Einerseits geht es darum, durch Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen im Bereich Sicherheit und Verteidigung europäische Fähigkeitslücken zu schließen und Zukunftstechnologien zu entwickeln. Andererseits soll der Fonds die Konsolidierung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vorantreiben, indem die Projekte durch Konsortien der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie durchgeführt werden. Denn ein zentrales Problem in diesem Industriesektor in Europa ist, dass es eine Vielzahl an Anbietern gibt, denen nur eine geringe Zahl an Nachfragern gegenübersteht, deren Auftragsvolumen auch oft zu gering ausfällt, um kosteneffiziente Ergebnisse erzielen zu können. Daher ist die Förderung der industriellen Zusammenarbeit in Europa ein Kernelement für eine gleichermaßen kosteneffektive wie schlagkräftige europäische Verteidigung. Zuletzt gilt es, noch auf das Instrument der sogenannten Coordinated Annual Review of Defence (CARD) hinzuweisen. Hierbei handelt es sich um die von der Europäischen Verteidigungsagentur durchgeführte Analyse der nationalen Verteidigungsanstrengungen in der EU, die in Beziehung zu den Fähigkeitszielen, aber auch hinsichtlich potenzieller weiterer Kooperationsmöglichkeiten im Bereich Verteidigung bewertet werden. Der erste vollständige CARD-Zyklus wurde im November 2020 abgeschlossen, und Ende letzten Jahres begann der zweite Zyklus, dessen Ergebnisse voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte vorliegen werden. Wie also anhand des Vorangegangenen ersichtlich, hat sich auf der europäischen Ebene in den letzten Jahren viel getan, und wir verfügen nun über Instrumente, die eine leistungsfähigere europäische Verteidigung möglich machen. Um diese dahingehend auch wirklich effektiv nutzen zu können, bedarf es allerdings eines grundsätzlichen Faktors – des politischen Willens der Mitgliedstaaten. Und an diesemmangelte es in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht. Sehr deutlich wird dies, wenn wir uns die finanzielle Hinterlegung europäischer Verteidigungsinitiativen durch die Mitgliedstaaten anschauen. So wurde das ursprünglich angedachte Finanzvolumen des EDF von über 13 auf acht Milliarden für den Zeitraum 2021 bis 2027 gekürzt. Nationale industriepolitische Erwägungen dürfen nicht länger im Vordergrund stehen Die Europäische Friedensfazilität, aus der nun auch Waffenlieferungen im Umfang von 500 Millionen Euro an die Ukraine finanziert werden, wurde um knapp die Hälfte auf fünf Milliarden gekürzt. Am dramatischsten fielen die Kürzungen mit 74 Prozent im Themenbereich der sogenannten Militärischen Mobilität, also des Infrastrukturausbaus zur besseren und schnelleren Verlegbarkeit militärischer Kräfte innerhalb Europas, aus, was sich gerade in der jetzigen Bedrohungssituation als fatal erweisen könnte. Ebenso ist zu beobachten, dass nicht alle Mitgliedstaaten bei ihrer Teilnahme an Kooperationsinstrumenten den europäisch-verteidigungspolitischen Mehrwert im Auge haben, sondern oft auch die eigenen Fähigkeitswünsche oder gar rein nationale industriepolitische Erwägungen im Vordergrund stehen. Diese regelrechte Kleinstaaterei können wir uns im Angesicht der größten Bedrohung unserer Sicherheit seit 1945 nicht mehr leisten! Unsere Freiheit in Europa können wir nur gemeinsam verteidigen. Dabei muss uns auch klar sein, dass wir als EU dies auf absehbare Zeit auch nicht ohne Unterstützung der Vereinigten Staaten erreichen können. Gerade angesichts der realen Möglichkeit, dass dort 2024 erneut Trump in das Weiße Haus einziehen könnte, haben wir wahrlich keine Zeit zu verlieren. Nationale Ambitionen, wie die jetzt in Deutschland formulierten, können auf lange Sicht nur durch deren Einbettung in gemeinsame europäische Anstrengungen, gegründet auf einen starken, beständigen und europäisch geschlossenen politischen Willen, die europäische Sicherheit in einer zunehmend unsicheren Welt gewährleisten. Michael Gahler Auf der europäischen Ebene hat sich in den letzten Jahren viel getan und wir verfügen nun über Instrumente, die eine leistungsfähigere europäische Verteidigung möglich machen. Um diese effektiv nutzen zu können, bedarf es allerdings eines grundsätzlichen Faktors – des politischen Willens der Mitgliedstaaten. Foto: Microvectors/Colourbox.de FOKUS 29 dbb magazin | April 2022
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