TARIFPOLITIK Sozial- und Erziehungsdienst Warnstreiks und Aktionen für ein Angebot Der Tarifkonflikt im Sozial- und Erziehungsdienst geht weiter: Nach Warnstreiks und Aktionen in Niedersachsen, Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sowie der zentralen Kundgebung in Fulda am 31. März haben die Proteste Sachsen erreicht. Dort kamen am 14. April 2022 Hunderte Beschäftigte zusammen. Sie demonstrierten gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeber. Zu den Warnstreiks aufgerufen hatte der Sächsische Erzieherverband (SEV). Theresa Fruß vom SEV forderte bei der Protestkundgebung in Dresden am 14. April 2022 „langfristig attraktive Arbeitsbedingungen und Entlastungsmöglichkeiten, um einerseits in Zukunft genug Menschen für den Erzieherberuf zu gewinnen und andererseits das vorhandene Personal weiter zu halten.“ Fruß machte zudem deutlich, dass mit der Integration der geflüchteten Kinder aus der Ukraine für die strukturell ohnehin chronisch unterbesetzten Einrichtungen eine weitere Herausforderung hinzukomme. Bundesweite Aktionen Unmittelbar nach der zweiten Verhandlungsrunde mit der VKA am 22. März 2022 hatten Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes bereits in Niedersachsen, Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz mit Warnstreiks und dezentralen Protestaktionen für ein konkretes Angebot der Arbeitgeber demonstriert. Nur Tage später waren Hessen und Nordrhein-Westfalen von Arbeitskampfmaßnahmen betroffen, die am 31. März 2022 in einer zentralen Kundgebung im hessischen Fulda gipfelten. „Die VKA hat offensichtlich das Ausmaß der Personalnot immer noch nicht verstanden“, sagte dbb Tarifchef Volker Geyer bei der Kundgebung auf dem Universitätsplatz in Fulda. „Sie blockiert nicht nur die Aufwertung des Berufsfeldes und verhindert damit die Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung. Mehr noch: Durch die Verweigerung konkreter Entlastung sorgt sie auch noch dafür, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen sich andere Jobs suchen – unter anderem, weil sie sonst schlicht nicht bis zur Rente durchhalten.“ Der Landeschef der komba gewerkschaft hessen, Richard Thonius, unterstrich bei der Demonstration die gesellschaftliche Bedeutung des Sozial- und Erziehungsdienstes: „Gerade die Verwerfungen durch die Coronapandemie und jetzt ganz aktuell die herausfordernde Betreuung der geflüchteten Familien aus der Ukraine haben gezeigt, dass unser Land mehr in Zusammenhalt investieren muss – das gilt für die frühkindliche Bildung und die soziale Arbeit gleichermaßen. Dass die VKA vor diesemHintergrund an ihrer eiskalten Sparpolitik festhält, ist erschütternd.“ Bereits amMorgen des 31. März 2022 hatte der komba Bundesvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der dbb Bundestarifkommission, Andreas Hemsing, klargestellt: „Wir halten fest an den berechtigten Forderungen nach Aufwertung, Attraktivität und der ganz konkreten Entlastung im Arbeitsalltag für die Kolleginnen und Kollegen der sozialen Berufe. Die Arbeitgeberseite muss endlich aufwachen und handeln, bevor es zu spät ist.“ Hintergrund Von den laufenden Tarifverhandlungen im kommunalen Sozialund Erziehungsdienst sind etwa 330000 Beschäftigte direkt betroffen, die zu mehr als 80 Prozent in vier Berufsgruppen (Erzieher:in, Kinderpfleger:in, Sozialassistent:in und Sozialarbeiter:in) tätig sind, darunter zu 90 Prozent Frauen. 60 Prozent arbeiten in Teilzeit, weniger als zehn Prozent haben befristete Verträge. Der Tarifabschluss ist bedeutend für die gesamte Branche, weil die öffentlichen Träger etwa ein Drittel aller Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen stellen. Die dritte, voraussichtlich letzte und entscheidende Runde der Tarifverhandlungen findet am 16./17. Mai 2022 in Potsdam statt. ■ dbb Tarifchef Volker Geyer bei der Kundgebung auf demUniversitätsplatz in Fulda © Nicole Dietzel AKTUELL 13 dbb magazin | Mai 2022
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