dbb magazin 5/2022

INTERVIEW Karin Prien, Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) Schulen und Lehrkräfte stehen noch immer massiv unter Stress Frau Ministerin, die „Bildungseinrichtungen in unserem Land […] können trotz innovativer Ideen und massiver Anstrengungen des Personals ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag nicht mehr hinlänglich gerecht werden“. So steht es im dbb Positionspapier mit dem Titel „Schuljahr 2022. Konsequenzen aus zwei Jahren Pandemie“. Teilen Sie diese Analyse, und was folgt für Sie daraus – gerade mit Blick auf einen möglichen weiteren „Coronaherbst“? Nein. Dieser Satz ignoriert, was das System Schule seit zwei Jahren und jetzt erneut leistet, insbesondere in welcher Geschwindigkeit und in welchem Umfang die Anpassungen an völlig neue Rahmenbedingungen erfolgt sind. Aber die Schulen und die Lehrkräfte stehen noch immer massiv unter Stress: Die Coronapandemie ist im Übergang zur Endemie, und die Herausforderung, viele junge Menschen aus der Ukraine zu integrieren, kommt auf die bisherigen Aufgaben obendrauf. Das Thema meiner KMK-Präsidentschaft umreißt den Anspruch an unser Bildungssystem: „Lernen aus der Pandemie – welche Veränderungen der letzten 21 Monate wollen wir mit in die Zukunft nehmen und welche Konsequenzen hat das?“ Ich bin zuversichtlich für die Zukunft. Die Maskenpflicht ist aus meiner Sicht eine wirksame Schutzmaßnahme in den Schulen, und ich hätte diese gern länger als Option beibehalten. Leider hat das die Ampelkoalition mit dem neuen Infektionsschutzgesetz verhindert. Wir brauchen sie aber als Instrument des Basisschutzes vorsorglich für das nächste Schuljahr. Das Infektionsschutzgesetz muss daher bis zum Herbst so angepasst werden, dass den Ländern die Anordnung der Maskenpflicht in den Schulen wieder landesweit möglich ist – gegebenenfalls auch regional –, insbesondere für den Fall einer neuen, gefährlicheren Variante. Durch die Pandemie sind grundsätzliche Probleme, die Fachleute schon lange diskutieren, verstärkt in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit geraten. So etwa der eklatante Fachkräftemangel, gerade in der frühkindlichen Bildung und an den Schulen, während ständig neue Aufgaben beschlossen werden oder bereits verabschiedet sind. Wie beurteilen Sie die Lage? Wird es Initiativen zur Lösung des Problems geben? Die demografische Lage wird in allen Bereichen zunehmend ein Problem. Die Länder sind sich der Lage sehr bewusst und stemmen sich gemeinsam dagegen. Nicht erst die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir die zentrale Rolle der Lehrkräfte für den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler noch mehr in den Blick nehmen müssen. Deshalb hat die Kultusministerkonferenz zum Beispiel im vergangenen Jahr Empfehlungen zur Stärkung des Lehramtsstudiums in Mangelfächern verabredet. ImMärz dieses Jahres haben die Länder auf der KMK in Lübeck den neuen Bericht zum Lehrkräftebedarf vorgelegt und unter anderem die Ständige Wissenschaftliche Kommission damit beauftragt, Empfehlungen Karin Prien ist Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein. Im Januar 2022 übernahm sie turnusgemäß die KMK-Präsidentschaft. Wir müssen die multiprofessionellen Teams ausstatten, damit Lehrkräfte sich auf das Unterrichten fokussieren können. © Frank Peter 14 FOKUS dbb magazin | Mai 2022

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