dbb magazin 5/2022

Bundesarbeitsgericht hat für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts bereits 1995 festgestellt, dass Gewerkschaften ohne weitere Voraussetzungen das Recht zusteht, E-Mails an alle Beschäftigten – Mitglieder ebenso wie Nichtmitglieder – zu versenden. Die öffentliche Verwaltung hat das allerdings überwiegend noch nicht übernommen. Zum Beispiel muss ihnen von der Dienststelle dazu aus Datenschutzgründen ein aktueller Verteiler „an alle“ zur Verfügung gestellt werden. Ihnen ist weiterhin die Möglichkeit einzuräumen, eigene Informationsangebote oder Links zu solchen in vorhandene „Intranets“, beziehungsweise in interne „soziale Netzwerke“, einzustellen. Angesichts der ständigen Fortentwicklung technischer Standards muss der Zugang der Gewerkschaften zu den jeweils in der Dienststelle oder dem Betrieb aktuellen Werbe- und Informationskanälen dauerhaft und bruchfrei eröffnet sein. Bislang haben die Gewerkschaften erreicht, dass im Rahmen der Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zumindest die Möglichkeit geschaffen wurde, auf Verlangen einer Gewerkschaft im Intranet der Dienststelle auf den Internetauftritt der Gewerkschaft zu verlinken. Bei den Tarifverhandlungen zum TV Hessen ist es dem dbb im Oktober 2021 gelungen, den Gewerkschaften in den Mitarbeiterportalen des Landes Hessen die Möglichkeit zur Einrichtung eines digitalen „Schwarzen Bretts“ einzuräumen. ■ Personalvertretungsrecht Gewerkschaften brauchen digitalen Zugang zu den Amtsstuben Zwei Jahre Coronapandemie haben die Arbeitswelt auch in der öffentlichen Verwaltung verändert. Homeoffice und mobiles Arbeiten sind heute in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes so selbstverständlich, wie es sich vor der Pandemie kaum jemand vorstellen konnte. Mit den neuen Möglichkeiten hat sich auch die Art und Weise verändert, wie Mitbestimmung praktiziert wird. Personalrätinnen und Personalräte müssen mit den Veränderungen Schritt halten können. Dabei ist auch die Politik gefordert. Bereits imMai 2019 hatte der dbb in seinem Positionspapier „Auf demWeg in die Digitalisierung. Mitbestimmen wohin es geht“ gefordert, das Zugangsrecht der Gewerkschaften zur Dienststelle zu modernisieren. Das betrifft die Möglichkeit, gewerkschaftliche Informationen in den Intranets der Dienststellen hinterlegen zu können ebenso wie digitale Wahlwerbung im Umfeld von Personalratswahlen über E-Mail-Verteiler. Denn wo der persönliche Kontakt zu den Beschäftigten aufgrund neuer Arbeitsformen eingeschränkt ist, muss digitaler Ersatz geschaffen werden. Die dbb Forderungen wurden zunächst nicht in dem Entwurf der Novelle des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) berücksichtigt. In vielen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundestagsfraktionen und vor dem Innenausschuss setzten sich dbb Vize und Fachvorstand Beamtenpolitik, Friedhelm Schäfer, und die Vorsitzende der dbb jugend, Karoline Herrmann, dafür ein, dass diese notwendigen Neuerungen zumindest teilweise umgesetzt werden. Mit § 9 Abs. 3 Satz 2 BPersVG haben Dienststellen in ihrem Intranet auf Verlangen der Gewerkschaft nunmehr auf deren Internetauftritt zu verlinken. Damit war die Tür zu einem digitalen Zugangsrecht zwar einen Spalt breit geöffnet; ein aktives Zugangsrecht war damit aber noch nicht geschaffen. Alle Ebenen der Kommunikation einbeziehen „Die Möglichkeit, Gewerkschaftsinformationen im Intranet der Dienststelle nur abzuholen, reicht natürlich genauso wenig, wie einen Stapel Flugblätter neben andere zu legen“, sagt Friedhelm Schäfer. „Genauso, wie Gewerkschaftsvertreter in der Dienststelle Beschäftigte ,analog‘ ansprechen, müssen sie ,digital‘ auf die einzelnen Beschäftigten zugehen können.“ Karoline Herrmann ergänzt: „Junge Leute nutzen für private und dienstliche Kommunikation vorwiegend Messengerdienste und suchen Informationen nur noch im Internet. Flugblätter und Magazine im Printformat werden von ihnen nicht mehr wahrgenommen.“ Das digitale AKTUELL 9 dbb magazin | Mai 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==