dbb magazin 6/2022

Enthält der Zensus darüber hinaus noch wichtige Informationen für die Politik? Insbesondere die regional unterschiedlichen Wohn- und Wohnungssituationen können anhand der Daten wie durchschnittliche Wohnraumgröße, Leerstand oder Eigentümerquote sehr gut ausgewertet und zur Planung von Land- und Stadtentwicklung genutzt werden. Die Ergebnisse können Aussagen für jede Gemeinde und auch kleinräumig unterhalb der Gemeindeebene zur Verteilung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, großen und kleinen Wohnungen sowie nicht zuletzt, und erstmals beim Zensus 2022, der Nettokaltmiete machen. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse zum Leerstand detailliert auf, wie lange ein Leerstand andauert und welche Gründe insbesondere für längeren Leerstand vorliegen. Kenntnis darüber ist, insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Wohnungsmangels, in vielen Großstädten besonders relevant, um aktuelle wohnungspolitische Problemstellungen bearbeiten zu können. Der Zensus kann aber auch bei anderen ganz praktischen Fragen zurate gezogen werden: Zum Beispiel wurde in der Vergangenheit die Diskussion um Abstandsregeln von Windrädern zu Wohnhäusern in verschiedenen Bundesländern anhand der vom Zensus erhobenen Daten geführt. Wie viele Erwerbstätige gibt es? Wo werden in den kommenden Jahren wie viele Kinder eingeschult? Wie viele Gebäude und Wohnungen sind in Deutschland vorhanden? All das und vieles mehr kann mithilfe der Zensusergebnisse beantwortet werden. Die Ergebnisse werden von den politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch in der EU genutzt. Sie liefern ein präzises Lagebild und helfen, die Auswirkungen von ganz unterschiedlichen Entscheidungen deutschlandweit abzuschätzen. Datenschutz ist dabei ja ein wichtiges Thema. Wie sicher ist der Zensus? Die amtliche Statistik lebt vom Vertrauen und von der Akzeptanz der Bevölkerung. Daher legen wir, die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, beim Zensus besonderen Wert auf Sicherheitsvorkehrungen, die den Schutz aller Daten garantieren. So werden von Anfang an maximale Datenschutzstandards mitgedacht, zum Beispiel über strenge Zugriffsbeschränkungen und moderne Verschlüsselungstechniken. Die Verfahren technischer und organisatorischer Art zum Schutz der Daten werden zudem regelmäßig evaluiert und entsprechen den neuesten technischen Sicherheitsstandards. Außerdemwerden die Daten nur anonymisiert ausgewertet, personenbezogene Daten so früh wie möglich gelöscht. Beim Zensus geht es ja sowieso nicht darum, etwas über die individuellen Lebensverhältnisse oder Einstellungen der Einwohnerinnen und Einwohner zu erfahren. Statistik bedeutet eben nicht, dass der Einzelfall dargestellt wird. Vielmehr werden die Daten verallgemeinert, Summen gebildet und Durchschnitte berechnet, sodass Entscheidungsträgerinnen und -träger eine verlässliche Grundlage erhalten. Wie sieht die Zukunft des Zensus aus? Aus dem Zensus wird der Registerzensus. Die Methodik wird weiter optimiert. Bis 2031 werden wir Schritt für Schritt auf ein rein registerbasiertes Verfahren umstellen, bei dem keine zusätzlichen Befragungen mehr nötig sind. Geokodierte Bevölkerungszahlen sollen der EU erstmals bereits zum Stichtag 31. Dezember 2024 bereitgestellt werden. Hier müssen wir zuverlässig die Lieferpflichten Deutschlands erfüllen. Indem wir zukünftig Datenübermittlungen aus Verwaltungsregistern den Vorzug geben, kommen wir auch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018 nach. Für den Zensus 2022 müssen noch mehr als zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger sowie 23 Millionen Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer befragt werden. Sie alle wird der Registerzensus spürbar entlasten. Unsere Online-Fragebogen sind zwar sehr nutzerfreundlich, aber Informationen, die Bürgerinnen und Bürger bereits der Verwaltung geliefert haben, sollen künftig nicht erneut erfragt werden. Der Registerzensus setzt damit konsequent das OnceOnly-Prinzip um, wie es der Koalitionsvertrag der Bundesregierung zum Bürokratieabbau fordert. ■ Die statistische Erhebung „Zensus 2022“ ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und arbeiten. Diese Bevölkerungs- und Wohnungszahlen nutzen Bund, Länder und Gemeinden als verlässliche Basiszahlen für ihre Planungen. Der größte Teil der Daten wird aus Verwaltungsregistern herangezogen, sodass die Bevölkerung – mit Ausnahme einer Stichprobe zur Verbesserung der Datenbasis – keine direkte Auskunft mehr geben muss. Kombiniert wird diese registergestützte Bevölkerungszählung mit einer Gebäude- undWohnungszählung. Mit dem Zensus 2022 nimmt Deutschland an einer EU-weiten Zensusrunde teil, die seit 2011 alle zehn Jahre stattfinden soll. Weitere Informationen: www.zensus2022.de Zensus 2022 Katja Wilken ist Gesamtprojektleiterin des Zensus 2022. Statistik bedeutet eben nicht, dass der Einzelfall dargestellt wird. Vielmehr werden die Daten verallgemeinert, Summen gebildet und Durchschnitte berechnet, sodass Entscheidungsträgerinnen und -träger eine verlässliche Grundlage erhalten. © Destatis AKTUELL 13 dbb magazin | Juni 2022

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