dbb magazin 7-8/2022

Die Zusammenfassung der Ergebniss der Studie „Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst“ im Internet: https://t1p.de/Foev Webtipp allerdings auch entsprechende Mittel, machte Katrin Päßler klar: „Prävention kostet Geld. Das muss allen klar sein.“ Päßler betonte zudem: „Eine absolute Sicherheit vor unvorhersehbaren Ereignissen kann es nicht geben. Aber mit dem Bewusstsein, dass etwas passieren kann, setzt Prävention ein.“ Verwaltungspraxis konkret: Wie weiter? Weitere interessante und auch neue Aspekte der Gewaltthematik brachte die abschließende Podiumsdiskussion mit Praktikerinnen und Praktikern aus der Verwaltung. Barbara Melcher verantwortet die Abteilung Prävention der Unfallkasse Brandenburg, die als Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand für die Tarifbeschäftigten zuständig ist. Sie wies darauf hin, dass von gewalttätigen Übergriffen weit mehr Bereiche des öffentlichen Dienstes betroffen seien, als dies in der (medialen) Diskussion dargestellt würde. „Unsere Zahlen zeigen: Der Öffentliche Gesundheitsdienst steht ganz oben auf der Liste. In der Allgemeinen Verwaltung sind zum Beispiel auch Jugendämter und Sozialbehörden betroffen, ebenso öffentliche Unternehmen wie beispielsweise Schwimmbäder.“ Melcher betonte, dass die Sicherheit der Beschäftigten in erster Linie in der Verantwortung der Arbeitgebenden und Dienstherrn liege. „Die Gefährdungsbeurteilung ist das A und O bei der Prävention.“ Diese Einschätzung teilte auch Jan Kaltofen vom Jobcenter Halle (Saale): „Ein Hauptproblem ist die nicht vorhandene Sensibilisierung von Behördenleitungen für das Gewaltproblem.“ Darüber hinaus befürwortete Kaltofen ebenfalls eine tiefergehende Analyse der Ursachen für Übergriffe. „Da dürfen wir auch falsches Verhalten unserer eigenen Beschäftigten nicht ausschließen“, mahnte er. Grundsätzlich hält der Praktiker die Ansätze von großen Organisationen wie der Arbeitsverwaltung auch auf andere Bereichen übertragbar: „In unserer Stadt sind wir dazu im Gespräch, um die kommunalen Servicebereiche ähnlich auszugestalten wie in unserem Jobcenter.“ Zuletzt seien hinsichtlich des Themas auch einige Erfolge zu verzeichnen: „Vor zehn Jahren war die Arbeitsverwaltung sicherheitstechnisch noch ‚Niemandsland‘. Das ist heute ganz anders.“ Ronald Mikkeleitis vom Ordnungsamt Berlin-Reinickendorf bedauerte, dass die Tätigkeit seiner Mitarbeitenden häufig unterschätzt werde. „Wir arbeiten in meinem Bezirk auf Augenhöhe mit der Polizei zusammen.“ Der Ordnungsamtsleiter, der bereits seit 2015 bundesweit praxisnahe Deeskalationsseminare anbietet, empfahl eindringlich, alle Bereiche mit direktem Bürgerkontakt im Fokus zu behalten. „Die Gewaltdelikte steigen Jahr für Jahr. Es ist längst überfällig, dass wir mit wirksamen Methoden – auch der Prävention – dagegen angehen.“ Mikkeleitis kritisierte die oft fehlende Wertschätzung gegenüber Ämtern und Behörden, die nicht zuletzt den Boden für Übergriffe bereite: „Wir sollten wieder in den Blick bringen, was der öffentliche Dienst für die Bürgerinnen und Bürger leistet.“ Wie Sicherheit und Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst bereits in der Praxis dienststellenübergreifend betrachtet und realisiert werden können, erläuterte Polizeioberrat André Niewöhner von der Initiative „Mehr Sicherheit und Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ aus Nordrhein-Westfalen. „Wir wissen, dass Bereiche, die als Ziele gewalttätiger Übergriffe weniger im Fokus stehen als beispielsweise Polizei, Ordnungsämter oder Rettungsdienste, sehr gefährdet sind. Es ist wichtig, diese Ecken ausleuchten.“ Die in der Arbeit der Initiative gewonnenen Erfahrungen zeigten, dass viele Grundkonzepte für Organisationsaufgaben übergreifend funktionierten, es aber auch Dinge gebe, die nur in bestimmten Tätigkeitsbereichen passten. „Das wichtigste ist, dass wir alle dabeihaben“, so der Leiter des Netzwerks. „Aus der Gemeinsamkeit entstehen strukturelle Gedanken, die wir der Politik mitteilen können.“ Killer jeder Konzeptumsetzung sei indes mangelnde Kommunikation, so Niewöhner. „Was man vorhat, muss man abstimmen, erst dann lässt sich prüfen, ob es klappt.“ Auch sei es enormwichtig, Führungskräfte jeweils konsequent einzubinden. cri/ef/iba/ows Aus der Praxis ihres Arbeitslebens schöpften die Teilnehmenden der Abschlussdiskussion ihre Argumente: Jan Kaltofen (Jobcenter Halle), Barbara Melcher (Unfallkasse Brandenburg), FÖVDirektor Jan Ziekow als Moderator, André Niewöhner (Polizei NRW) und Ronald Mikkeleitis (Ordnungsamt BerlinReinickendorf) (von links). FOKUS 17 dbb magazin | Juli/August 2022

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