der Fälle Alkoholisierung eine Rolle spielte. Bemerkenswert auch: Drei Viertel der Tatverdächtigen waren bereits strafrechtlich aufgefallen. Altersmäßig macht die Gruppe der Erwachsenen über 25 zwar den größten Anteil aus. Was mir aber besondere Sorge bereitet, sind junge Tatverdächtige, vom Kindesalter bis zu 17-Jährigen. Das waren laut BKA-Lagebild immerhin rund 2500. Ich finde das erschreckend. Da haben junge Menschen offensichtlich den Respekt vor Vertretern staatlicher Einrichtungen nie gelernt. Wir müssen uns fragen, was da schiefgegangen ist. Hat dies auch mit Migrationshintergründen zu tun? Die Tatverdächtigen kommen aus sämtlichen Gesellschaftsschichten und haben die unterschiedlichsten Nationalitäten. Verallgemeinerungen sind hier nicht möglich. Es gibt Klagen von Opfern, dass ihre Strafanzeigen bei der Justiz nicht auf ausreichende Resonanz stoßen. Fehlt es hier manchmal an Wertschätzung? Ich weiß, dass manche das so empfinden. In Nordrhein-Westfalen haben wir in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung eingeleitet. In Köln und Aachen, womöglich inzwischen auch bei anderen Staatsanwaltschaften, gibt es Sonderdezernate wie das in Düsseldorf. Besonders begrüße ich: Man hat in NRW im Justizbereich die Richtlinien für die Einstellung von Verfahren wegen geringer Schuld, also ohne eine Bestrafung, angepasst. Jetzt ist klargestellt, dass bei Straftaten gegen Polizeivollzugsbeamte, andere Amtsträger und Rettungskräfte das öffentliche Interesse in der Regel einer Verfahrenseinstellung entgegensteht. Ich finde es gut, dass die Justiz dies so konsequent umsetzt. Können sich Staatsdiener persönlich schützen gegen solche Angriffe, zum Beispiel mit Schutztüren in Amtsräumen bis hin zu Tasern? Eine absolute Sicherheit gibt es leider nicht. Statistisch gesehen werden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte am häufigsten angegriffen. Die Eigensicherung ist bei deren Ausbildung ein zentraler Bereich. Ich meine jedoch, dass Prävention in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes mehr in den Mittelpunkt rücken sollte. Wir haben in NRWmit der Initiative „www.sicherimdienst. nrw“ eine bundesweit einmalige Plattform für alle Beschäftigten und Führungskräfte mit einer Sammlung von Vorschlägen und Methoden geschaffen, um sich selbst beziehungsweise Beschäftigte besser zu schützen. Ein Netzwerk aus einer Vielzahl von Behörden, Kommunen und sonstigen öffentlichen Stellen ermöglicht außerdem, dass man voneinander lernt und Best Practice austauscht. Jeder Behördenleiter kann das mit teilweise sehr einfachen Mitteln umsetzen. Das Gespräch führte Dietmar Seher. Wir haben in NRWmit der Initiative „www.sicherimdienst.nrw“ eine bundesweit einmalige Plattform für alle Beschäftigten und Führungskräfte mit einer Sammlung von Vorschlägen und Methoden geschaffen, um sich selbst beziehungsweise Beschäftigte besser zu schützen. Falk Schnabel, ehemaliger Leitender Oberstaatsanwalt und ab 2020 Polizeipräsident in Münster, übernahm Ende April 2022 das Amt des Polizeipräsidenten in Köln. Das Polizeipräsidium Köln ist als Kreispolizeibehörde der Polizei Nordrhein-Westfalen räumlich für Köln und Leverkusen zuständig. Im Präsidium und seinen nachgeordneten Dienststellen sind mehr als 5000 Beamte und Angestellte tätig. © Polizeipräsidium Köln 24 FOKUS dbb magazin | Juli/August 2022
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