dbb magazin 7-8/2022

DBB FORUM ÖFFENTLICHER DIENST Beamte und Europa Europarecht und Berufsbeamtentum sind kein Widerspruch Die Europäische Union hat keine unmittelbare Regelungskompetenz in Bezug auf das verfassungsrechtlich verankerte deutsche Beamtenrecht. Dennoch beeinflusst das Unionsrecht das Beamtenrecht in erheblichemMaße, beispielsweise durch die europarechtlichen Vorgaben für Beschäftigungsverhältnisse. Das 8. dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST rückte die europarechtlichen Einflüsse auf das Beamtenrecht am 27. Juni 2022 in den Blickpunkt. Deutschlands nationales Dienstrecht und sein Berufsbeamtentum stärken Europa und tragen zu dessen Diversität bei, stellte dbb Chef Ulrich Silberbach zum Auftakt des Forums heraus. „Es ist kein Widerspruch, dass sich der dbb zu einem geeinten und vereinten Europa bekennt und gleichzeitig unser nationales öffentliches Dienstrecht hochhält. Beides, das Berufsbeamtentum und die europäische Staatszielbestimmung, sind in unserem Grundgesetz fest verankert", so Silberbach. Silberbach: Normenkollisionen vermeiden Als gewerkschaftliche Spitzenorganisation im öffentlichen Dienst gehöre es zudem zum Selbstverständnis des dbb, das Dienstrecht im Dialog mit Politik und Dienstgebenden in guter Sozialpartnerschaft verantwortungsbewusst weiterzuentwickeln. „Die Herausforderung ist dabei, die europäische Rechtsetzung und öffentliches Dienstrecht noch besser zu vereinbaren. Wir wollen, dass Ausnahmeregelungen, die zur Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstrechts hier und da gebraucht werden, auch in Zukunft erhalten bleiben", erklärte der dbb Chef. „Ein Streikrecht für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie es das Europäische Recht vorsieht, ist mit dem deutschen Berufsbeamtentum unvereinbar“, betonte der dbb Chef. ­ Pechstein: Europa rüttelt am Streikverbot Prof. Dr. Matthias Pechstein ist Inhaber des Jean Monet Lehrstuhls für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Europarecht an der EuropaUniversität Viadrina in Frankfurt an der Oder, übt die Schriftleitung bei der Zeitschrift für Beamtenrecht aus und berät und unterstützt den dbb seit Jahren als Experte. In seinem Impulsvortrag ging er auf das Streikverbot für Beamte im europäischen Kontext ein. Pechstein betonte, dass die Versuche zur Etablierung eines Streikrechts auch für Berufsbeamte zunächst mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juni 2018 ihren Abschluss gefunden zu haben schienen. Das Verfassungsgericht habe die grundlegende Bedeutung des Streikverbots für Beamte als ein zentrales Strukturelement des deutschen Berufsbeamtentums herausgearbeitet. Die Einräumung eines Streikrechts für Beamte führe dazu, dass man das Beamtentum in seiner bisherigen Form aufgeben müsse. „Nun haben die Beschwerdeführer allerdings den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingeschlagen und Individualbeschwerde gegen das Urteil des Verfassungsgerichts eingelegt“, erläuterte Pechstein. Grundlage sei, dass der „Ein Streikrecht für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wie es das Europäische Recht vorsieht, ist mit dem deutschen Berufsbeamtentum unvereinbar.“ Ulrich Silberbach „Damit man jetzt nicht in die nächsten Fälle hineinläuft, sollten die betroffenen Sparten ihre Rechtsordnung mit dem Urteil in Einklang bringen.“ Prof. Dr. Matthias Pechstein © Jan Brenner (5) 8 AKTUELL dbb magazin | Juli/August 2022

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