ZUR SACHE Plädoyer für eine vielsprachige Verwaltung Sprachliche Barrierefreiheit für alle Zielgruppen Für eine zielführende Erledigung kommunaler Aufgaben ist der Fokus auf das Englische nicht ausreichend. Die Verwaltungen vor Ort benötigen fachkundige Sprachmittler, die rechtssicher Kundinnen und Kunden mit nicht deutscher Muttersprache beraten und betreuen können. „Die Grenzenmeiner Sprache bedeuten die Grenzenmeiner Welt“: Warum beginnt Jon Döring sein Plädoyer für eine vielsprachige Verwaltung in Deutschland mit diesem Zitat von LudwigWittgenstein? Neben Digitalisierung und demografischemWan- del ist die Internationalisierung der deutschen Verwaltungslandschaft die größte Herausforderung, um unsere Verwaltungen in einer globalisierten Welt zukunftsfähig aufzustellen. Es gilt auf internationaler Ebene, Partnerschaften zu knüpfen, bestehende Netzwerke zu pflegen und die eigene Region allen relevanten Zielgruppen bestmöglich zu präsentieren. Auf der lokalen Ebene muss unser Augenmerk darauf gerichtet werden, Menschen mit nicht deutscher Muttersprache gut zu integrieren sowie in ihrem Alltag hilfreich zu unterstützen. Fragen wir einmal neudeutsch, wie gut wir dabei schon „performen“. Wenn eine deutsche Universitätsklinik auf ihrer Website den Patienten „a pleasant stay and a good improvement“ wünscht oder die Berliner Bäder das Springen vom Seitenrand mit einem Schild „Don’t spring from the margin“ publikumswirksam verbieten möchten, wird uns schnell klar: Hier ist noch gewaltig Luft nach oben. Zu klären ist, ob wir uns im Umgang mit Einwohnerinnen und Einwohnern auf eine weitere Fremdsprache oder gar eine Vielzahl verschiedener Sprachen einstellen sollten, die von Mitarbeitenden einer Verwaltung erwartet werden können. Auf die Weltsprache Englisch zu setzen, ist für eine geeignete Außendarstellung unbestritten wichtig: in der Wirtschaftsförderung, für das Tourismusmarketing, bei europaweiten Vergabeverfahren, im Social-Media-Auftritt der Kommune oder beim Anwerben von Fachkräften in allen Bereichen. Aber für eine zielführende Erledigung kommunaler Aufgaben ist der Fokus auf das Englische nicht ausreichend. Die Verwaltungen vor Ort benötigen fachkundige Sprachmittler, die rechtssicher Kundinnen und Kunden mit nicht deutscher Muttersprache beraten und betreuen können. Das schafft Vertrauen in die Verwaltung und erleichtert perspektivisch die Integration. Nicht alle, die in Deutschland ankommen, tun dies mit deutschen Sprachkenntnissen auf höchstem Niveau. In Hannover hatten © Jason Goodman/Unsplash.com 26 FOKUS dbb magazin | September 2022
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