dbb magazin 9/2022

versorgungssicherheit sollten ausgeweitet, aber auch mit einer Eindämmung des Anstiegs der staatlich finanzierten laufenden Primärausgaben kombiniert werden, insbesondere für Mitgliedstaaten, die wenig finanziellen Spielraum haben. Dabei ist die vollständige Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne von entscheidender Bedeutung. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Bedingungen für die Beibehaltung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auch im Jahr 2023 erfüllt sind und ihre Deaktivierung ab 2024 erfolgen sollte. Diese Position gründet primär auf der erhöhten Unsicherheit und den erheblichen Abwärtsrisiken, die in Bezug auf den Krieg in der Ukraine, die beispiellosen Energiepreissteigerungen und die anhaltenden Störungen der Lieferketten bestehen. Die Erfahrung mit der Aktivierung der Ausweichklausel imMärz 2020 hat gezeigt, dass Mitgliedstaaten rasch reagieren konnten, um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie so gering wie möglich zu halten und den Weg für eine kräftige Erholung im Jahr 2021 zu ebnen. Laut der Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission wird das Wachstum von Exporten und Investitionen in Deutschland weiterhin durch hohe Kosten für Material und Energie sowie anhaltende Lieferengpässe zurückgehalten. Auf der anderen Seite schlagen steigende Ausgaben für Dienstleistungen, ein robuster Arbeitsmarkt und höhere private Konsumausgaben zu Buche und führen zu einem erwarteten Wachstum der deutschen Wirtschaft von 1,6 Prozent (2022) und 2,4 Prozent (2023). Die Inflation für 2022 (6,5 Prozent) und 2023 (3,1 Prozent) wird weiter steigen, wobei das gesamtstaatliche Defizit in diesem und nächsten Jahr weiter abnehmen wird. Unter Berücksichtigung der makroökonomischen Lage hat der Rat der Europäischen Union auf Basis eines Vorschlages der Europäischen Kommission für Deutschland empfohlen, > die Ausgabenpolitik flexibel zu halten, um auf die fluide Situation reagieren zu können. Dabei sollten die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie die Energiesicherheit ausgeweitet und – falls nötig – Hilfen für von Energiepreisen besonders betroffene Haushalte bereitgestellt werden. Des Weiteren sollte der Steuermix verbessert und Anreize zur Erhöhung der Arbeitszeit durch günstigere Besteuerung gesetzt werden, die auch die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems sichert. > Investitionshemmnisse zu beseitigen und Investitionen in digitale Kommunikationsnetze mit sehr hoher Kapazität zu fördern. > die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt zu verringern und ihre Importe durch Verbesserung der Energieeffizienz zu diversifizieren. Anreize für Energieeinsparungen sollten geschaffen, die Energieversorgung und -lieferwege diversifiziert werden. Dafür sollten Investitionsengpässe beseitigt und die Genehmigungsverfahren weiter gestrafft werden, um Investitionen in Stromnetze und Energie aus erneuerbaren Quellen zu fördern und deren Ausbau zu beschleunigen. Sowohl der Deutsche Aufbau- und Resilienzplan (DARP) als auch der Koalitionsvertrag der Bundesregierung spiegeln diese Prioritäten grundsätzlich wider, wobei die Bedeutung der Reformkomponente nicht oft genug betont werden kann. Im Rahmen der Anpassung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne wird Deutschland zusätzliche Zuschüsse in Höhe von circa 2,3 Milliarden Euro beantragen können. Die Verplanung dieser Gelder wäre eine ausgezeichnete Gelegenheit, Investitionen in erneuerbare Energien oder Stromnetze zu erhöhen und damit einhergehende Reformen zum beschleunigten Ausbau derselben in den DARP aufzunehmen. Deutschland könnte so die Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern beschleunigen und gleichzeitig Reformen umsetzen, die den Bürgern und der Wirtschaft eine digitalere und nachhaltigere Zukunft ermöglichen. Tobias Maaßen Im Rahmen der Anpassung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne wird Deutschland zusätzliche Zuschüsse in Höhe von circa 2,3 Milliarden Euro beantragen können. Tobias Maaßen ist wirtschaftspolitischer Berater an der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Der Autor Foto: Tartila/Colourbox.de 30 FOKUS dbb magazin | September 2022

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