INTERVIEW Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales Wir brauchen nicht nur Master, sondern auch Meister – Fachkräfte fehlen in allen Bereichen Herr Minister Heil, die Bundesregierung setzt erneut auf mehr Homeoffice, sollte sich die Coronapandemie im Herbst wieder ausweiten. Für die Beschäftigten, auch im öffentlichen Dienst, könnte das teuer werden, warnt der dbb – und hat kurzfristige direkte Zahlungen durch die Arbeitgebenden/Dienstherren ins Spiel gebracht. Wie stehen Sie dazu? Die Regierung hat ja vor wenigen Tagen ein wuchtiges Entlastungspaket von 65 Milliarden Euro beschlossen. Das ist eine immense Summe, um unsere Gesellschaft gut durch den Winter und die Folgen von Putins Krieg zu bringen. Enthalten ist auch, dass Einmalzahlungen beziehungsweise Sonderzahlungen bis zur Summe von 3000 Euro durch Arbeitgeber steuer- und beitragsfrei gestellt werden sollen. Das ist natürlich ein ordentlicher Batzen. Zudem habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir im Steuerrecht die Homeoffice-Pauschale entfristen und anheben. Das ist nun auch im Jahressteuergesetz vorgesehen. Der maximale Betrag wird von 600 Euro auf 1000 Euro angehoben (Tagespauschale 5 Euro, 200 Tage Homeoffice). In vielen Bereichen der Arbeitswelt ist die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice beziehungsweise zur mobilen Arbeit inzwischen nicht mehr wegzudenken. Ein gesetzlich verankertes Recht dazu besteht in Deutschland allerdings immer noch nicht. Arbeitet Ihr Ministeriumweiterhin an einer entsprechenden Regelung? Für viele ist mobiles Arbeiten in der Tat mittlerweile normal geworden. Familie und Beruf lassen sich besser vereinbaren, lange Pendelstrecken entfallen. Das schont die Umwelt – und manchmal auch die Nerven oder den Geldbeutel. Wobei man immer sehen muss, dass viele das nie werden nutzen können. Der Job am Hochofen oder in der Bäckerei lässt sich nicht nach Hause verlegen. Ich will deshalb den Beschäftigten den Rücken stärken, die mobil arbeiten wollen und bei denen das auch funktioniert. Im Koalitionsvertrag liest sich das so: „Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten erhalten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice. Arbeitgeber können demWunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, dass eine Ablehnung nicht sachfremd oder willkürlich sein darf.“ Diesen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag will ich selbstverständlich umsetzen. Die Diskussion über mögliche Anpassungen wird in den nächsten Monaten auch in der Politikwerkstatt „Mobile Arbeit“ im Rahmen des BMAS-Programms ARBEIT: SICHER + GESUND geführt. Es geht darum, Lösungen zur Gestaltung von mobiler Arbeit und Homeoffice für die betriebliche Praxis zu erarbeiten und dabei technische, organisatorische, personelle, kulturelle und rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. So wird das Mehr an Freiheit beim mobilen Arbeiten ergänzt durch klare verbindliche Regeln, die sicheres und gesundes Arbeiten ermöglichen. Ziel der Bundesregierung ist es, Flexibilität zu ermöglichen, damit die Arbeit zu den Bedürfnissen der Menschen passt – und nicht umgekehrt. © BMAS/Dominik Butzmann 20 FOKUS dbb magazin | Oktober 2022
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==