Die Klassiker Vollzeit mit durchschnittlich 41 Wochenstunden und Teilzeit mit reduzierten Stunden sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten ergänzt oder abgewandelt worden. Im öffentlichen Dienst lassen sich zahlreiche Vereinbarungen finden, die den Bedürfnissen der Angestellten angepasst sind. Zu diesen Anpassungen gehören: Gleitzeit Angestellte müssen nicht zu einer bestimmten Uhrzeit mit der Arbeit beginnen, sondern haben ein Zeitfenster von bis zu drei Stunden dafür. Gleiches gilt für den Feierabend. Bei der Gleitzeit wird fast immer eine „Kernarbeitszeit“ vereinbart, zu der in jedem Fall gearbeitet werden muss. Homeoffice Mit dem Lockdown in der Pandemie gewann das Arbeiten am heimischen Schreibtisch an Bedeutung – das sogenannte „Homeoffice“. Sofern der Datenschutz es zulässt, sind bereits viele Institutionen bereit, die nötigen Rechner und Materialien, die zum Einrichten eines vollwertigen Arbeitsplatzes nötig sind, zu stellen. Telearbeit Bei der Telearbeit werden, wie beim Homeoffice, die anfallenden Tätigkeiten nicht im Büro, sondern von einem anderen Platz aus erledigt. Das muss allerdings nicht der eigene Schreibtisch, sondern kann auch ein anderer Standort sein. Flexwork Wie der Namen es schon sagt: Dieses Modell ist flexibel. Die vereinbarte Stundenanzahl wird abwechselnd im Büro und von zu Hause abgeleistet. Je nach aktueller Aufgabenlage können es auch einmal mehr Tage in der Dienststelle werden oder mehr am eigenen Schreibtisch. Diese Arbeitsweise gewinnt zunehmend an Bedeutung. Langzeitarbeitskonten Diese Ergänzung ist freiwillig und muss beantragt werden. Über einen abgesprochenen Zeitraum, zum Beispiel als Blockarbeit, können Arbeitsstunden angesammelt werden, die dann für eine Freistellung (gelegentlich „Sabbatical“ genannt) von maximal drei Monaten genutzt werden können. In Ausnahmefällen kann die Freistellung verlängert werden. Die Grundlagen hierfür können für verbeamtete Personen und Angestellte nach Tarifvertrag unterschiedlich sein. Für Verbeamtete ist die Grundlage durch § 91 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes und § 9 Abs. 1 der Arbeitszeitverordnung Bund geregelt. Für Tarifbeschäftigte ist es gesetzlich durch § 6 TVöD geregelt. Üblich ist für beide Gruppen, befristet in Teilzeit zu arbeiten, aber Stunden im Vollzeitrahmen anzusammeln, die dann für die Freistellung genutzt werden. Arbeitszeitmodelle: ein Überblick Foto: GreenFlash/Colourbox.de ginnen und Kollegen – schon vor der Pandemie jeweils freitags. Momentan ist sie meist montags und freitags im Homeoffice. Die sehr dynamische Entwicklung der digitalpolitischen Aufgaben stellt für Schubart eine organisatorische Herausforderung dar. Neue Aufgaben fallen in der Regel sehr kurzfristig an und müssen im Team verteilt werden. Ein kniffliges Unterfangen, da die Teammitglieder sehr unterschiedliche Arbeitszeitmodelle nutzen: Nur zwei Personen arbeiten in Vollzeit. Die übrigen arbeiten entweder bis 15.30 Uhr oder imWechsel mit dem Teampartner/der Teampartnerin einen Tag voll und einen kurz. Möglich ist auch, dass sie Montag oder Freitag frei haben. Schubart merkt dazu an: „Das tun sie nicht nur wegen Familienaufgaben, sondern auch, weil sie neben ihrer Arbeit imMinisterium noch andere, zum Teil kreative Betätigungsfelder haben.“ Seit 2005 ist Schubart am BMFSFJ. Die Gleitzeit imMinisterium empfindet sie als sehr positiv für alle Mitarbeitenden und die allgemeine Einhaltung der Arbeitszeiten wird einmal pro Jahr in einem Kooperationsgespräch angesprochen. Auch neue Erkenntnisse zur Work-Life-Balance werden dort ausgetauscht. „Aber natürlich bekomme ich im Arbeitsalltag sehr engmaschig mit, wie es um Überstunden und anderes bestellt ist. Meist können die Kolleginnen und Kollegen das aber sehr gut selbst über Zeitausgleichstage regulieren.“ Perspektivisch, wenn es mit ihren Aufgaben zusammenpassen sollte, könnte Friederike Schubart sich eine Vier-Tage-Woche für sich vorstellen. Gamechanger „Führen in Teilzeit“ Trotz glänzender Best-Practice-Beispiele berge Teilzeit auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst noch immer Benachteiligungspotenziale, weiß Milanie Kreutz. „Das Leistungsbewertungsprinzip, das Grundlage jeder Beförderung im öffentlichen Dienst ist, ist in den meisten Behörden immer noch auf Präsenzarbeit ausgerichtet“, berichtet sie. Wer nicht im Büro sei, werde bei der Bewertung schnell vergessen oder als weniger leistungsbereit eingestuft. „Da muss nachgebessert werden“, mahnt die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung. „Wer für die Familie die Arbeitszeit reduziert – und das sind noch immer überwiegend Frauen – schafft es jedoch auch heute noch seltener in Führungspositionen“, räumt auch Margit Gottstein, Staatssekretärin im BMFSFJ ein. Eine Erkenntnis, die weder die dbb frauen noch die Spitze des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hinnehmen wollen. Das gemeinsame Modellprojekt „Führen in Teilzeit“, das im Frühjahr 2022 angekündigt wurde, soll Aufstiegshürden für Frauen im öffentlichen Dienst des Bundes weiter abbauen mit dem Ziel, die Besetzung der Führungspositionen mit Männern und Frauen zu gleichen Teilen schneller zu erreichen. Gelingt diese könnte das Modell auch über die Bundesbehörden hinaus Schule machen. Laut einer Publikation des Bundesministeriums des Innern aus dem Jahr 2014 wird es in Zukunft nötig sein, Teilzeit in allen Formen und Möglichkeiten auszubauen. Da der Altersdurchschnitt der Gesellschaft steigt, werden mehr Arbeitnehmende ältere Verwandte pflegen müssen und nicht in Vollzeit arbeiten können. Gleichzeitig wird der Fachkräftemangel größer. Wenn Fachkräfte dann noch Kinder erziehen und Angehörige pflegen, stehen sie dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung, sofern es kein Modell gibt, das zu ihren Lebensumständen passt, und solange der Fachkräftemangel nicht behoben wird. Das Modell „Führen in Teilzeit“ könnte somit eine optimale Ergänzung der aktuellen Arbeitszeitmodelle sein. Text und Fotos: Vivien Tharun 26 FOKUS dbb magazin | Oktober 2022
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