men im Jahr 2021. „Das sind bis zu 55 000 pro Tag“, konkretisierte Schönbohm. „Sie werden programmiert, um private, wirtschaftliche und öffentliche IT-Strukturen anzugreifen. Rund 40 000 Systeme werden täglich infiziert.“ Wenn etwa die Daten eines Krankenhauses erst von Erpressern verschlüsselt sind, entstehe ein digitaler Katastrophenfall, bei dem Cyberattacken letztlich reale Konsequenzen für den Einzelnen haben können, wenn aufgrund dessen etwa der Krankenwagen zu spät eintreffe. Weiter berichtete Schönbohm von möglichen Kollateralschäden durch sogenannten „Hacktivismus“: Konkret habe das internationale Hackerkollektiv „Anonymous“ als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine Rosneft Deutschland angegriffen, einen zentralen Öllieferanten für die neuen Bundesländer. Im selben Maße, wie sich die Innovationsgeschwindigkeit erhöhe, sei es nötig, dass das BSI als Sicherheitsbehörde des Bundes Schritt halte, zumal das BSI mittlerweile auch Sicherheitsdienstleistungen für die Bundesländer und große infrastrukturrelevante Konzerne anbieten könne. Notwendig dafür seien vor allem gut geschulte und motivierte Nachwuchskräfte. „Mittlerweile ist das BSI einer der beliebtesten Arbeitgeber der Bundesverwaltung. Das rührt auch daher, dass wir versuchen, junge Fachkräfte zu binden und ihnen berufliche Perspektiven in Form von Fortbildung und Möglichkeiten für Stellenwechsel zu bieten.“ In der Themensession zur Cybersicherheit diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung und der Sicherheitsinstitutionen interaktiv über aktuelle Erfahrungen mit und Fragen zur Cybersicherheit. Dabei kristallisierte sich heraus, dass es bei der Bekämpfung von Cyberangriffen einerseits an Zentralisierung und andererseits massiv an Fachkräften fehlt. Weiter forderten die Diskutierenden mehr Kooperation und Vernetzung der Akteure und Institutionen sowie eine klare Verteilung der Zuständigkeiten in Bund, Ländern und Kommunen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass der öffentliche Dienst den Wettbewerb mit der Wirtschaft um Fachkräfte kaum aufnehmen könne, weil die Vergütung im IT-Bereich der öffentlichen Hand zu schlecht und die Strukturen zu starr seien. Attraktivität für Fachkräfte steigern Den zweiten Input mit dem Schwerpunkt „Fachkräftegewinnung“ lieferte Johann Saathoff, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat. Aus seiner Sicht ist Deutschland mit seinem öffentlichen Dienst grundsätzlich gegen Krisen gewappnet, wenn es auch weiteres Potenzial für Verbesserungen gebe. Dies gelte auch für den Bereich der Fachkräftegewinnung. Hier habe gerade der Bund als Arbeit- beziehungsweise Dienstgebender bereits einiges zu bieten: Neben den 130 verschiedenen Ausbildungs- und Studienangeboten zählt Saathoff auch Bezahlung, Arbeitszeit sowie „weiche“ Faktoren wie Fortbildungsmöglichkeiten zu den Vorteilen. Im Bereich der Vergütung sei man durchaus konkurrenzfähig auf dem Markt, könnten doch etwa IT-Fachkräfte unter anderem durch Zulagen auf einen Jahresbruttoverdienst von circa 88 500 Euro kommen. Besonders hob der Staatssekretär jedoch hervor, dass die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit für viele junge Menschen bei der Berufswahl entscheidend sei – was im Staatsdienst an vielen Stellen in besonderemMaße gegeben ist. Diesen Punkt wolle man auch besonders herausstellen, wenn demnächst insbesondere über Social-Media-Kanäle verstärkt für die Plattform www.wir-sindbund.de geworben werde, auf der die Bundesregierung in vielen Sprachen für die Arbeit in der Bundesverwaltung wirbt. „Wir wollen Menschen zwischen 15 und 25 ansprechen, gerade auch mit Migrationshintergrund“, erklärte Saathoff. „Denn ich bin überzeugt: Diversität führt zu besseren Lösungen.“ Diese sei aber aktuell in den Bundeseinrichtungen tatsächlich noch ausbaufähig. Auch wolle man beispielsweise im Bereich des Gesundheitsschutzes noch besser werden. „Als Bundesregierung werden wir gemeinsam die Arbeit im öffentlichen Dienst weiter attraktiver machen“, versprach Saathoff. In der Themensession Fachkräftegewinnung diskutierten die Teilnehmenden Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die eigene Arbeitsqualität. Der Personalmangel verursache etwa bei der Justizverwaltung erhebliche Wartezeiten: „Wer zum Beispiel Mitte September beim Amtsgericht in Berlin die Beurkundung eines Erbschaftsantrages beantragt, muss damit rechnen, erst im Februar kommenden Jahres einen Termin zu bekommen“, so eine Teilnehmerin. Als probate Mittel, die Personaldecke zu verstärken, nannten die Diskutierenden attraktivere und flexiblere Ar- „Angriffe auf IT-Infrastrukturen nehmen permanent zu.“ Arne Schönbohm „Junge Menschen suchen Sinnhaftigkeit im Beruf.“ Johann Saathoff © BSI Bund © Henning Schacht AKTUELL 9 dbb magazin | Oktober 2022
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==