dbb magazin 11/2022

Frauenförderung im Landesdienst ein. „Wir müssen Klartext reden: Das Ziel ist, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, und dieses Ziel verfehlen wir zurzeit noch. So ehrlich sind wir.“ Doch für frei werdende Führungspositionen sei das Thema Gleichstellung ein wichtiges Entscheidungskriterium geworden. „Der wichtigste Beitrag für mehr Frauen in Führungspositionen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so Bayaz. Podiumsdebatte: Sexuelle Übergriffe sind keine Kavaliersdelikte Der zweite Tag der Hauptversammlung stand im Zeichen der Gewaltprävention. Gemeinsammit Gleichstellungsexpertinnen und Vertreterinnen der Landespolitik ging es bei der Podiumsdebatte „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – ein Kavaliersdelikt?“ darum, Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele für einen besseren Schutz vor sexualisierter Gewalt im Behördenalltag zu diskutieren. dbb frauen Chefin Milanie Kreutz und Landesfrauenvertreterin des BBW Beamtenbund Tarifunion Baden-Württemberg, Heidi Deuschle, tauschten sich mit den Landtagsabgeordneten Alena Trauschel (FDP), Stefanie Seemann (Bündnis 90/Die Grünen), Dorothea Kliche-Behnke (SPD) und Isabell Huber (CDU) sowie mit der Zweiten Vorsitzenden des Landesfrauenrates BadenWürttemberg, Verena Hahn, aus. Kreutz: übergriffige Vorgesetzte zur Rechenschaft ziehen Anlass zur intensiven Diskussion gab ein aktueller Fall sexueller Belästigung im Polizeidienst in Baden-Württemberg. Der ranghöchste Polizeibeamte des Landes wird der sexuellen Belästigung beschuldigt. Landesinnenminister Thomas Strobl musste sich dazu bereits vor dem Untersuchungsausschuss äußern. Auch gegen ihn wird ermittelt. „Was uns dieser brisante Fall vor Augen führt, ist vor allem eines: Sexuelle Belästigung ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Bei diesem Thema kann die Politik nicht einfach nur auf die Verantwortungshoheit der Justiz verweisen“, erklärte Kreutz. „Es ist sehr wohl auch ein politisches Thema. Denn es liegt in der Hand der politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger, welchen Stellenwert sie der Aufklärung sexueller Übergriffe im Dienst beimessen, sprich ob sie die notwendigen Ressourcen für eine zielgerichtete Aufarbeitung aufwenden oder ob sie entscheiden wegzusehen.“ Konkret sprach sich Kreutz für die Einrichtung von unabhängigen Anlaufstellen im dienstlichen Umfeld aus, die Gewaltopfern schnelle, niedrigschwellige und unbürokratische Hilfe bieten und dabei unterstützen, Täter konsequent zur Verantwortung zu ziehen. „Auch ein übergriffiger Vorgesetzter muss zur Rechenschaft gezogen werden können. Das funktioniert nur mit starken Verbündeten. Die Politik muss dafür sorgen, dass Personalräten und Gleichstellungsbeauftragten rechtswirksame Werkzeuge an die Hand gegeben werden, wie etwa ein anonymisiertes Klagerecht“, stellte Kreutz heraus. Deuschle: qualifizierte Hilfe für Betroffene Heidi Deuschle, BBW-Landesfrauenvertreterin, unterstützte die Forderung nach unabhängigen Anlaufstellen, die sich um individuelle, qualifizierte Hilfe für Betroffene kümmern. Jedoch gehöre diese Aufgabe in die Hände von Spezialistinnen und Spezialisten. Die Beauftragten für Chancengleichheit benötigten vielmehr wirkungsvolle Sanktionsmöglichkeiten sowie eine verbindliche Regelung des Vorgehens in Dienstvereinbarungen, um sexuell übergriffiges Verhalten ahnden zu können und Betroffene wie Helfende vor Repressalien zu schützen. „Eine Reform des Chancengleichheitsgesetzes diesbezüglich ist längst überfällig. Von der Landesregierung erwarten wir Handlungsbereitschaft“, so Deuschle. Darüber hinaus müsste sexualisierendem, herabwürdigendem und gewalttätigem Verhalten im Behördenalltag zwischen Kolleginnen und Kollegen, aber auch im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern – etwa in Bürgerämtern, Steuerbehörden, Schulen oder Arbeitsagenturen – der Kampf angesagt werden. „Wir Beschäftigten haben einen respektvollen Umgang verdient. Die Dienstgebenden müssen ihrer Fürsorgepflicht nachkommen“, so Deuschle. Hahn: Istanbul-Konvention umsetzen Darüber hinaus stellte die Zweite Vorsitzende des Landesfrauenrates Baden-Württemberg, Verena Hahn, heraus, dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts faktisch noch immer Realität in Deutschland sei. „Sexualisierte Gewalt umfasst gerade auch am Arbeitsplatz nicht nur die physische, sondern gleichMilanie Kreutz (3. von rechts) und Heidi Deuschle (2. von links) diskutierten mit der Vorsitzenden des Landesfrauenrates in Baden-Württemberg, Verena Hahn, sowie mit den Landtagsabgeordneten Alena Trauschel/FDP, Dorothea Kliche-Behnke/SPD, Isabell Huber/CDU und Stefanie Seemann/ Bündnis 90/Die Grünen (von links). © dbb frauen (4) INTERN 31 dbb magazin | November 2022

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