Darüber hinaus betonte Silberbach, dass die Beschäftigten keinen Reallohnverlust hinnehmen dürften. Entsprechend hoch sei die Einkommensforderung. Ebenso sei die Stimmung bei vielen Mitgliedern der dbb Fachgewerkschaften angesichts der steigenden Energiepreise aufgeheizt und sorgenvoll: „Wenn wir uns im Frühjahr nicht auf eine vernünftige Lösung verständigen, wäre das echter sozialer Sprengstoff.“ Hinsichtlich der Rettungsaktionen des Staates für Unternehmen in der gegenwärtigen Gas- und zuvor in der Coronakrise unterstrich der dbb Bundesvorsitzende, es erzeuge „eine gefährliche Schieflage“, wenn der Staat marode Unternehmen rette, aber seine eigenen Beschäftigten finanziell nicht ausreichend ausstatte. „Schon heute haben zwei Drittel der Menschen kein Vertrauen mehr in den Staat“, sagte Silberbach unter Verweis auf die dbb Bürgerbefragung von Anfang September. Im Vorfeld der Einkommensrunde ausgesprochene Warnungen der Arbeitgeber, dass die Finanzlage des Staates keine Einkommensverbesserung für die Beschäftigten zuließe, wies der dbb Fachvorstand Tarifpolitik Volker Geyer entschieden zurück: „Dieses Mantra wird durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Das Gegenteil stimmt: Wenn wir jetzt nicht in den öffentlichen Dienst und seine Beschäftigten investieren, bedeutet das nicht nur massive Reallohnverluste für die Kolleginnen und Kollegen, sondern auch eine nachhaltige Beschädigung der für die Überwindung der aktuellen Doppelkrise so wichtigen kritischen Infrastruktur Staat.“ Das bedeute, dass die Beschäftigten „ein sattes Pfund an Erhöhungen brauchen, ummit den wirtschaftlichen Problemen fertig zu werden, die jetzt und in der nächsten Zeit den Alltag prägen werden“. Die dbb jugend mahnt die Arbeitgeber, Nachwuchsgewinnung in dieser Einkommensrunde ernst zu nehmen: „Wir befinden uns inmitten mehrerer Krisen. Die Inflation und drohende Rezession trifft zunehmend junge Leute, die sich um die Sicherheit ihrer Zukunft sorgen. Auch sie müssen die steigenden Preise zahlen, obwohl ihnen meist wesentlich weniger Geld für ihre Lebenshaltungskosten zur Verfügung steht“, sagte der Vorsitzende der dbb jugend, Matthäus Fandrejewski, nach der Vorstellung der gewerkschaftlichen Forderungen. Eine Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikantenentgelte um 200 Euro sowie die unbefristete garantierte Übernahme seien daher mehr als angemessen. Zudem sei sofortiges Handeln erforderlich, um rechtzeitig vor der prognostizierten Ruhestandswelle Nachwuchskräfte zu gewinnen: „Die Arbeitgeber müssen endlich einsehen, dass uns die Zeit davonläuft. Wir brauchen mehr junge Leute, und die bekommen wir nur, wenn wir den öffentlichen Dienst attraktiver gestalten. Unsere Forderungen sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“ Auch die weiteren Kernforderungen hält der Vorsitzende der dbb jugend für richtig: „Es war und ist der öffentliche Dienst, der den Staat und die Gesellschaft in diesen anhaltenden Krisen am Laufen hält. Die Forderung nach einer Erhöhung der Tabellenentgelte um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro ist daher absolut angebracht.“ ■ „Die Beschäftigten brauchen jetzt ein sattes Pfund an Erhöhungen.“ Volker Geyer „Wir brauchen mehr junge Leute, und die bekommen wir nur, wenn wir den öffentlichen Dienst attraktiver gestalten.“ Matthäus Fandrejewski > Erhöhung der Tabellenentgelte um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro (Laufzeit 12 Monate) > Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikantenentgelte um 200 Euro Die Kernforderungen Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen sowie weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat. Weiter zählen Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen ebenso dazu wie knapp 190 000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter. Auch soll der zu erzielende Tarifabschluss auf die mehr als 500 000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund übertragen werden. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes wie zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Hintergrund © Jan Brenner Wie in der Einkommensrunde für Bund und Kommunen 2020 sind die Beschäftigten auch 2023 bereit, für ihr Anliegen auf die Straße zu gehen. AKTUELL 5 dbb magazin | November 2022
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