dbb magazin 12/2022

späteren Renten und Pensionen durch. Auch die übrigen Sozialabgaben sind inflationsgetrieben: Besonders die Kranken- und Pflegeversicherung spürt noch die Nachwehen der Coronapandemie. Mit weiter stark steigenden Kosten für Löhne, Arzneimittel und medizinisches Gerät sowie für Mieten für Praxen und Krankenhäuser wird das Einfluss auf die Sozialversicherungsbeiträge haben. Gefahr der Rezession Mittlerweile befürchten viele Experten, dass eine Rezession in Deutschland nicht mehr abzuwenden ist. Die aktuellste Prognose des Ifo Instituts geht davon aus, dass sich Deutschland auf dem Weg in eine Winterrezession befindet. Für das kommende Jahr erwartet das Institut einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent, für dieses Jahr aber immerhin noch ein Wachstum von 1,6 Prozent. Aber es gibt auch positive Nachrichten: So hat der reale, preisbereinigte Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im Juli 2022 kalender- und saisonbereinigt um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat zugenommen. Der Auftragsbestand ist ein guter Indikator für die zukünftige Entwicklung. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2021 lag der Auftragsbestand im Juli 2022 kalenderbereinigt sogar um 12,6 Prozent höher. Damit hat der Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2015 erreicht. Die Inflation bleibt hoch Die Inflationsrate dürfte nach den aktuellsten Voraussagen mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute jahresdurchschnittlich bei 7,8 Prozent in diesem Jahr und 7,1 Prozent im Jahr 2023 liegen. Weiter verhindern die Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland und die dadurch ausgelösten drastischen Preissteigerungen die wirtschaftliche Erholung nach Corona. Im Vergleich zum Juni senkt das Ifo Institut seine Wachstumsprognose für 2023 deutlich um vier Prozentpunkte und erhöht die Inflationsprognose kräftig um sechs Prozentpunkte. Damit gehen die realen Haushaltseinkommen kräftig zurück, die Kaufkraft sinkt spürbar. Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung dürfte diesem Rückgang zwar etwas entgegenwirken, ihn aber bei Weitem nicht ausgleichen. Für 2024 wird dann mit einer Normalisierung von Wachstum und Inflation gerechnet. Kaufkraftverlust Der Kaufkraftverlust ist, gemessen am Rückgang der realen Pro-Kopf-Entgelte in diesem und im kommenden Jahr um je- weils etwa drei Prozent so hoch wie nie zuvor seit dem Beginn der heutigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Jahre 1970. Hier droht die Inflation den Stabilitätsanker „privater Konsum“ abzuwürgen, was die Wirtschaftsentwicklung weiter drosseln würde. Insofern führt zur Stabilisierung des Wirtschaftsgeschehens kein Weg an einer adäquaten Entgelterhöhung in den nächsten Einkommensrunden vorbei. Mehreinnahmen durch Steuern Das gilt umso mehr, da der Staat selbst von der steigenden Inflation profitiert. So wurden im ersten Halbjahr 2022 bei der Umsatzsteuer knapp 29 Milliarden Euro mehr eingenommen als im Vorjahreshalbjahr. Das entspricht einer Steigerung von 25,7 Prozent. Hielte der Trend an, könnte das Aufkommen allein bei der Umsatzsteuer am Ende des Jahres 60 Milliarden Euro mehr betragen. Auch bei den Energiesteuern nahm der Fiskus 5,5 Prozent oder 13,5 Milliarden Euro mehr ein. Insgesamt erreichte der Staat im ersten Halbjahr ein Einnahmeplus bei den Steuern von 17,5 Prozent, die gesamten Steuereinnahmen stiegen auf 408 Milliarden Euro. Die Einnahmen der Gemeinden aus dem Gemeindeanteil an den Gemeinschaftssteuern stiegen im Berichtszeitraum um 12,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der neuesten Steuerschätzung vom Oktober 2022 zufolge werden die Einnahmen auch in den kommenden Jahren weiter steigen. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2026 rund 126,4 Milliarden Euro mehr einnehmen als in der Steuerschätzung von Mai 2022 erwartet. Allerdings sollen die Steuereinnahmen 2022 um 1,7 Milliarden Euro geringer als vorhergesagt ausfallen. Für 2023 werden Mehreinnahmen in Höhe von 8,9 Milliarden Euro erwartet. Das würde Rekordeinnahmen von 937,3 Milliarden Euro bedeuten. Die prognostizierten Steuereinnahmen liegen im Vergleich zur Schätzung imMai 2022 dabei vor allem in den Jahren 2024 bis 2026 höher, um rund 28,3 Milliarden Euro in 2024 bis zu rund 46,8 Milliarden Euro im Jahr 2026. Privaten Konsum stärken Allerdings muss der Staat bei Investitionen und Ausgaben einerseits ebenfalls höhere Preise zahlen. Andererseits hat der private Konsum gegenüber dem Export mittlerweile einen höheren Stellenwert eingenommen als noch vor einigen Jahren, die Binnenkonjunktur nimmt einen höheren Stellenwert ein. Insofern sollten die öffentlichen Arbeitgeber ihren Beitrag dazu leisten, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes mit angemessenen Einkommenssteigerungen in die Lage versetzt werden, die Binnenkonjunktur auch weiterhin zu stützen. Darüber hinaus ist der öffentliche Dienst als größter Anbieter und Betreiber von Infrastrukturen ein Wegbereiter des Erfolgs unserer Volkswirtschaft. Von einer angemessenen Bezahlung seiner Angehörigen profitiert letztlich die ganze Gesellschaft. rh/krz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 Verlauf der Infla�onsrate in % Für das Jahr 2022 und das Jahr 2023, Durchschnitt aus den Prognosen von fünf Wirtschaftsforschungsinstituten (RWI, IWH, HWWI, IfW, Ifo), Stand September 2022 AKTUELL 13 dbb magazin | Dezember 2022

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