Podiumsdiskussion Attraktive Arbeitsumfelder für einen starken Staat Zum Abschluss der öffentlichen Veranstaltung des Gewerkschaftstages diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Bundestagsparteien über die Rolle des Staates und das Ansehen des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber. Die politische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, Emily Büning, sprach sich klar für Einkommenserhöhungen im öffentlichen Dienst aus. „Ich glaube, das ist richtig, weil es eine Teuerungsrate gibt. Ein attraktiver öffentlicher Dienst muss angemessen ausgestattet werden. Wir brauchen unseren Staat.“ Büning regte an, dass Beschäftigte in den unteren Einkommensgruppen proportional mehr erhalten sollten. Die hohe Arbeitsbelastung der Beschäftigten ließe sich auch durch eine Verschlankung von Aufgaben des öffentlichen Dienstes reduzieren: Leistungen sollten zusammengelegt, die Zahl der Antragsverfahren verringert werden. Diesbezüglich biete die Digitalisierung ein großes Potenzial. Bei der Rekrutierung neuer Beschäftigter sei es zudem wichtig, sowohl das Arbeiten in Teilzeit zu ermöglichen als auch Modelle wie etwa „Führen im Team“ anzubieten, um insbesondere Frauen zu erreichen, die Karriere machen wollten. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst eigne sich für alle, die mit Menschen arbeiten, einen sinnstiftenden sicheren Arbeitsplatz und Mitgestaltungsmöglichkeiten haben wollen, betonte Büning. Der öffentliche Dienst brauche Wertschätzung, eine gute Infrastruktur, Ausstattung und Vergütung, bekräftigte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Auch müssten die Prozesse stimmen, wobei es vor allem darauf ankomme, die Abläufe in der Verwaltung möglichst flüssig und transparent zu gestalten. Um das Image des öffentlichen Dienstes attraktiver zu machen, forderte Czaja, die Erfahrungsstufen in der Besoldung besser abzubilden. Zudem gelte es, die Selbstwirksamkeit zu stärken. „Es macht niemandem Freude, wenn sich die unterschiedlichen Verwaltungen gegenseitig blockieren.“ Wichtig sei eine „Ände- rung imMindset“. Wenn wie zum Beispiel in Berlin eine Kennzeichnungspflicht für die Polizei eingeführt und gleichzeitig in der Antidiskriminierungsstelle mit Beweislastumkehr gegen die Polizei gearbeitet werde, sei die Bereitschaft, zur Polizei zu gehen, nicht sonderlich groß. Aus Sicht des CDU-Politikers sorge auch die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern in Berlin nicht für Abhilfe bei den chaotischen Zuständen in den Klassenzimmern, wo teilweise für die gleiche Arbeit vier unterschiedliche Gehalts- beziehungsweise Besoldungsstufen gelten würden. Der dbb Chef warb gerade mit Blick auf die zahlreichen Krisen für mehr gesamtgesellschaftliche Solidarität: „Dabei hilft es nicht, wenn Bürgerinnen und Bürger sich über ein paar gefahrene Autokilometer oder einen Urlaubsflug zerstreiten. Wenn wir einen Klimawandel brauchen, dann in unserer Gesellschaft. Hin zu einem neuen Miteinander statt Gegeneinander. Politik steht auch da in der Verantwortung. Nicht nur gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, sondern gerade auch gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die die Konsequenzen von Nichthandeln und Gegeneinander tagtäglich am eigenen Leib erfahren. In diesem Zusammenhang verwies Silberbach auf das Motto des dbb Gewerkschaftstages „Staat. Machen wir!“. Das sei „durchaus selbstbewusst gemeint, mit Betonung auf ‚wir‘. Denn: Ohne die Menschen im öffentlichen Dienst ist keine Krise zu meistern. Das Motto ist aber auch als Einladung an alle Politikerinnen und Politiker im Land gemeint, endlich anzupacken. ‚Staat. Machen. Wir!‘. Am besten gemeinsam, denn anders geht es nicht.“ Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seien bereit, die anstehenden Herausforderungen anzunehmen. „Diese Kolleginnen und Kollegen sorgen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche dafür, dass dieses Land funktioniert. Mit Einsatz und Leidenschaft. Mir macht das Hoffnung. Denn das ist es, was den öffentlichen Dienst ausmacht: Menschen im Dienst der Menschen! Und so lange wir die haben, wird mir um dieses Land nicht bange.“ ■ „Diese Probleme im öffentlichen Dienst sind nicht vom Himmel gefallen, sie beschäftigen uns schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten.“ dbb Chef Ulrich Silberbach © Marco Urban (6) Die Podiumsdiskussion der Bundespolitikerinnen und -politiker wurde von der Fernsehjournalistin Anke Plättner (links) moderiert. 18 FOKUS dbb magazin | Dezember 2022
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