Czaja kritisierte auch die Kleinteiligkeit der neuen Aufgaben, die den Beschäftigten in Verwaltungen und Behörden gegeben würden. „Wenn ich mit Abschlagszahlungen anfange, heißt das, dass man den Vorgang zwei- bis dreimal anfassen muss.“ Im Jobcenter von Berlin-Neukölln hätten ihm Beschäftigte erzählt, sie seien dort nicht in der Lage, all die Neuerungen einzuführen. Jeder der Mitarbeitenden bearbeite dort an die 220 Fälle pro Tag. Irgendwann sagten die Mitarbeiter dann „Jetzt reichts!“, und das könne man verstehen, so Czaja. Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag, Susanne Ferschl, bezeichnete die angemessene Bezahlung der Beschäftigten als einen Baustein, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu erhöhen. Als weitere Anreize nannte sie verbesserte Weiterbildungs- und Enzwicklungsmöglichkeiten, eine größere Durchlässigkeit bei den Laufbahnen sowie generell mehr Möglichkeiten zur Karrieregestaltung. Aus Sicht der Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der Partei Die Linke trügen zudemmodern ausgestattete Arbeitsplätze und deutlichere Fortschritte bei der Digitalisierung erheblich dazu bei, das Image des öffentlichen Sektors zu erhöhen. „Ausbildungsplatzgarantien könnten junge Menschen ermutigen, eine berufliche Laufbahn im öffentlichen Dienst aufzunehmen. Und weitere Angebote zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familien werden das Interesse am öffentlichen Dienst insbesondere bei Frauen weiter erhöhen“, zeigte sich Ferschl überzeugt. Generell sei wichtig, stärker hervorzuheben, dass „es die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind, die den Staat am Laufen halten. Wir müssen aufhören, ständig die Kosten einer guten Verwaltung zu thematisieren. Dadurch entsteht eine Negativspirale, die nirgendwo hinführt“, betonte sie. Bezüglich der Schaffung von mehr Diversität im öffentlichen Dienst hob Ferschl die Bedeutung zielgruppen- und gendergerechter Initiativen hervor: Bisher habe die Bundesregierung beispielsweise zu wenig unternommen, Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen. Auch fehlten probate Quotenlösungen zur Förderung weiblicher Führungskräfte. Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, betonte, dass gerade das Berufsbeamtentum für junge Menschen attraktiv sei, „aber wir haben zu wenige, die sich zum Beispiel in der IT ein Leben lang verpflichten wollen. Daher müssen wir uns über Einstiege und Laufbahnen Gedanken machen“, forderte Kuhle. Die praktischen IT-Kenntnisse, die viele Bewerberinnen und Bewerber mitbrächten, seien in den Laufbahnen noch gar nicht angemessen abgebildet. Auch Laufbahnwechsel müssten in den Behörden „kulturell gelebt“ und Möglichkeiten gefördert werden, „wieder aus dem öffentlichen Dienst herauszukommen und zum Beispiel in die Wirtschaft oder den Tarifbereich zu wechseln“. Per se weniger Verbeamtung bedeute diese Art der Flexibilisierung aber nicht: „Zu sagen, wir haben zu viele Beamte, ist mir zu pauschal“, sagte Kuhle. Auch die Einkommensforderung des dbb für die Einkommensrunde 2023 mit Bund und Kommunen sei nicht zu hoch: „Zehn Prozent sind ja bei der Inflation nicht mehr Geld als vorher. Es ist doch klar, dass sie das fordern müssen. Nur was am Ende dabei herauskommt, müssen sie mit meinem Parteivorsitzenden, dem Finanzminister, besprechen.“ Was die Qualität des öffentlichen Dienstes betreffe, habe man zum Beispiel in Berlin nicht das Gefühl, der Staat erfülle seine Grundfunktionen, wenn man einen Pass beantragen wolle. „Daher müssen wir im regulatorischen Rahmen mehr darauf achten, dass die Grundzüge funktionieren, bevor man etwas neues draufpackt“, damit die Beschäftigten nicht noch weiter überfordert würden. „Wir müssen auch mehr Digitalisierung erreichen, und das nicht erst bis 2050.“ Hier sieht der FDP-Politiker auch die Länder in der Pflicht mitzuziehen, statt „ihre eigenen Süppchen zu kochen. Es fehlt oft das kulturelle Verständnis dafür, dass wir Verwaltung neu aufsetzen müssen, um sie zu digitalisieren.“ SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte eine angemessene Vergütung und sächliche Ausstattung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Mit Blick auf den Zustand mancher Dienstgebäude gab Kühnert zu bedenken: „Man mag sich nicht vorstellen, „Ein attraktiver öffentlicher Dienst muss angemessen ausgestattet werden. Wir brauchen unseren Staat.“ Emily Büning „Es macht niemandem Freude, wenn sich die unterschiedlichen Verwaltungen gegenseitig blockieren.“ Mario Czaja „Wenn wir ständig die Kosten einer guten Verwaltung thematisieren, entsteht eine Negativspirale, die nirgendwo hinführt.“ Susanne Ferschl Emily Büning Mario Czaja Susanne Ferschl FOKUS 55 dbb magazin | Dezember 2022
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