dbb magazin 1-2/2023

gebraucht würden, betonte Optendrenk, dass die Entscheidungen oft nicht in einem Entweder-oder aufgingen. So fehle es vielfach nicht unbedingt am Geld, sondern an Personal, oder die Struktur funktioniere nicht. Man müsse sich stets fragen, wie die Anreize richtig gesetzt werden könnten. „Die Zustimmung zur Demokratie beginnt vor Ort“, betonte der langjährige Kommunalpolitiker. Die Kommunen hätten in den letzten Jahren riesige zusätzliche Aufgaben übernommen. Er sprach sich für eine klare Beantwortung der Frage aus, wer was tun solle und welche Mittel und Personal er dafür brauche und woher diese Ressourcen kommen sollten. In puncto „Sondervermögen öffentlicher Dienst“ fragte der Minister, wofür es dann noch einen „normalen Haushalt“ geben solle. Die Gesellschaft brauche für die Bewältigung der anstehenden Aufgaben einen demografiefesten öffentlichen Dienst, in dem die Beschäftigten angemessen bezahlt würden. Dies würde in jedem öffentlichen Haushalt abgebildet. Ein Sondervermögen einzuführen, bedeutete, dass dieses auch wieder zurückgefahren werden könne, was kontraproduktiv sei angesichts der aktuellen Krisen, die dauerhaft nach einem handlungsfähigen, starken öffentlichen Dienst verlangten. Sigl-Glöckner: Föderale Hemmnisse auflösen Philippa Sigl-Glöckner, Direktorin und Geschäftsführerin vom finanz- und wirtschaftspolitischen Thinktank „Dezernat Zukunft“, thematisierte den Widerspruch „zwischen dem, was man denkt, und dem, was passiert“ in Sachen Investitionen. So herrsche grundsätzlich immer Konsens darüber, dass mehr in Bildung investiert werden müsse – nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch seitens der Wissenschaft: „Frühkindliche Bildung hat den größten wirtschaftlichen Return, da brauchen Sie keinen Hedgefonds gründen“, so Sigl-Glöckner. Trotzdem werde viel mehr in Gebäude, Straßenbau und auch Entwicklungshilfe investiert. Aktuell habe man die monumentale Summe von 200 Milliarden Euro für Energie mobilisiert – „bei der Bildung, wo es um deutlich kleinere Beträge geht, finden wir bislang keinen Weg vom abstrakten Unterstützen zur konkreten Umsetzung“, kritisierte die Volkswirtschaftlerin. Denn bei allen anstehenden Herausforderungen, insbesondere beim Klimaschutz, seien gut ausgebildete Fachkräfte der entscheidende Gelingensfaktor. Vor allem der öffentliche Dienst brauche für die Gestaltung der Energiewende und des Klimaschutzes entsprechendes Personal. Bei der Organisation der Investitionsmittel sieht Sigl-Glöckner in den föderalen Strukturen durchaus Hemmnisse und plädiert dafür, die Gelder etwa beim Klimaschutz nicht in Gestalt von zu beantragenden Mitteln in Bundesfonds, sondern „mehr ‚performancebased‘“ bereitzustellen. Die Kommunen, die den Klimaschutz imWesentlichen zu gestalten hätten, sollten frei verfügen können, wofür und wie sie investieren – „sie sollen die jeweils vor Ort notwendigen Strukturen schaffen, bauen, kaufen und nicht Anträge für den Bund schreiben“, so Sigl-Glöckner. ada, br, ef, iba Paneldiskussion II Topthema Fachkräftegewinnung „Personalmangel im öffentlichen Dienst – wie schließen wir die Fachkräftelücke?“ war das Thema der ersten Podiumsdiskussion am 10. Januar 2023 auf der dbb Jahrestagung. Demografische Faktoren, Einkommensdefizite gegenüber der Wirtschaft und starre Hierarchien im öffentlichen Dienst waren ebenso Gegenstand reger Diskussionen wie „softe“ Faktoren, mit denen der Arbeitgeber Staat durchaus punkten kann, wenn es darum geht, die Zukunft der Personalentwicklung zu gestalten. Heidmeier: berufliche Bildung stärken Der Impulsvortrag kam von Matthias Heidmeier, Staatssekretär imMinisterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Er verwies auf die Folgen des demografischen Wandels für den gesamten Arbeitsmarkt. So folgen derzeit auf 100 Personen, die altersbedingt aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden, nur etwa 66 neue Beschäftigte nach. Heidmeier gestand ein, dass Politik auf das Thema „in einigen Bereichen vielleicht zu spät reagiert“ habe, stellte aber klar: „Heute ist Fachkräftegewinnung ein absolutes Topthema.“ Nordrhein-Westfalen plane gerade eine Fachkräfteoffensive, nicht nur für den öffentlichen Dienst. Denn es gebe beispielsweise auch im Handwerk im Land derzeit rund 80000 Menschen in Ausbildung, 1980 seien es noch 180000 gewesen. Eine Schlüsselmaßnahme gegen den Fachkräftemangel sieht Heidmeier in der Stärkung der beruflichen Bildung. Es gebe immer noch viel zu viele junge Menschen ohne Berufsabschlüsse, die über die Aufstiegschancen nach einer Ausbildung informiert werden müssten. Aber es gehe ummehr, so Heidmeier: „Letztlich muss die Bezahlung beim Handwerksmeister und beim Bachelorabsolventen gleichwertig sein.“ Kuzu: Arbeitskultur und Führung verbessern Daniela Kuzu, Beigeordnete und Ständige allgemeine Vertretung des Bürgermeisters der Fontanestadt Neuruppin in Brandenburg, verantwortet den Change-Management-Prozess der Stadt und berichtete aus der kommunalen Praxis. „Wir haben keinen Mangel“, freute sie sich. Derzeit seien 515 Mitarbeiter für Neuruppin tätig, sieben Stellen seien unbesetzt und davon lediglich eine seit FOKUS 15 dbb magazin | Januar/Februar 2023

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