dbb magazin 1-2/2023

Bis es so weit ist, liegt aber noch ein langer, steiniger Weg vor uns. Der Bund ist in den Verhandlungen zwar grundsätzlich etwas pflegeleichter, weil die Personalkosten dort einen relativ geringen Anteil des Haushalts ausmachen. Aber angesichts der enormen Summen, die gerade in Form von Sondervermögen und Rettungspaketen bewegt werden, rechnen wir auch von Frau Faeser mit mehr Gegenwind. Viele Kommunen sind, das muss man anerkennen, ja ohnehin chronisch unterfinanziert. Aber das müssen die Gebietskörperschaften unter sich regeln, es darf keine Ausrede sein, um wichtige Investitionen für die Zukunftsfähigkeit des Landes – nämlich in einen leistungsstarken öffentlichen Dienst – zu unterlassen. Das gilt für die Verhandlungen mit den Ländern im Herbst natürlich genauso. Übrigens: Wir haben in den vergangenen Monaten – gerade nach den Durchsuchungen bei den sogenannten Reichsbürgern – viel über Extremismus im öffentlichen Dienst geredet. Unsere Position war und ist klar: Wer nicht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetztes steht, hat bei uns nichts zu suchen. Die Beamtinnen und Beamten erwarten, dass auch die Dienstherrn verfassungstreu sind und Besoldung und Versorgung entsprechend verfassungskonform ausgestalten. Das ist beim Bund nach wie vor nicht der Fall und auch viele Länder hatten und haben hier ihre Hausaufgaben nicht erledigt. Wir werden sie mit Nachdruck daran erinnern … Wie gesagt: Uns stehen ein paar harte Kämpfe bevor. Und nicht nur um Geld beziehungsweise Einkommen. Sondern? Um kluge Köpfe. Der Wettbewerb um Nachwuchs- und Fachkräfte ist intensiv wie nie. Angesichts des demografischen Wandels kommt das nicht unerwartet, wir warnen ja auch schon lange genug davor. Traurigerweise sind etliche Führungskräfte in Politik und Wirtschaft offenbar trotzdem überrascht, das lässt schon tief blicken . aber das nur am Rande. Diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat ja auch einige positive Aspekte, weil Arbeitgebende sich wie nie zuvor strecken müssen, um Leute zu gewinnen. In bestimmten Mangelberufen können Beschäftigte sich die Jobs praktisch aussuchen und die Bedingungen diktieren. Da hat die Privatwirtschaft natürlich deutliche Vorteile, weil sie oft schneller und flexibler reagiert. Aber machen wir uns nichts vor: Nur über die Einkommen kann der öffentliche Dienst diesen Wettbewerb ohnehin niemals gewinnen. Bei uns muss das Gesamtpaket stimmen: Solide Einkommen, attraktive Bedingungen hinsichtlich Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, hohe Gemeinwohlorientierung und so weiter. Sorgen bereitet mir, dass selbst das wahrscheinlich nicht mehr reichen wird. Was meinen Sie damit? Nun, absehbar werden die verfügbaren Arbeitskräfte einfach nicht mehr für unsere Volkswirtschaft reichen, weder für die Privaten noch für den Staat. Auch hier kann man die Zeichen schon lange sehen, wenn man mit offenen Augen durch das Land geht: Gefühlt hängt an jedem zweiten Geschäft ein Jobangebot. Auf jedem Firmenwagen wird um Beschäftigte geworben. Die Dramatik dieser Entwicklung werden wir in den kommenden Monaten und Jahren noch viel deutlicher zu spüren bekommen. Wenn sich zuletzt reihenweise Krankenhäuser wegen Personalmangel bei der Rettungsleitstelle abmelden, hat das ja noch mal eine andere Qualität, als wenn die Öffnungszeiten beim Bürgeramt eingeschränkt sind, auch wenn das schon ärgerlich genug ist. Die Politik unternimmt nun – wenn auch mal wieder reichlich spät und zögerlich – einige Schritte, ummehr Menschen im Job zu halten. Gerade wenn das bedeutet, dass beispielsweise auch für den Arbeits- und Gesundheitsschutz mehr getan wird, begrüßen wir das ausdrücklich. Erleichterungen für die Gewinnung von Fachkräften im Ausland sind ebenso sinnvoll, allerdings wird dieses Thema in Deutschland leider immer noch mit vielen Ressentiments diskutiert. Trotz dieser Maßnahmen teile ich aber die Sorge vieler Fachleute, dass wir unsere Probleme damit alleine nicht lösen können. Was stellen Sie sich darüber hinaus vor? In den kommenden Jahren werden wir uns wieder stärker mit einer anderen klassischen dbb Forderung beschäftigen müssen: dem Bürokratieabbau. Wenn wir trotz besserer Einkommen und Arbeitsbedingungen, die selbstverständlich trotzdem unabdingbar sind, nicht genug Leute bekommen, müssen Aufgaben wegfallen. Es bringt ja nichts, wenn wir die vorhandenen Kolleginnen und Kollegen durch ständige Überlastung verschleißen. In der Politik gibt es da auch mittlerweile quer durch alle Parteien einige ernsthafte Bemühungen. Beispielsweise ist hinsichtlich des Klimawandels längst klar, dass der gewünschte Ausbau der erneuerbaren Energien mit den derzeitigen Auflagen und Personalstärken schlicht nicht zu schaffen ist. Und Politik tut sich auch langfristig selbst keinen Gefallen, wenn sie den Bürgerinnen und Bürgern ständig Leistungen verspricht, die dann doch nicht erbracht werden. Das klingt in den Ohren vieler Kolleginnen und Kollegen sicherlich danach, dass sie nun um ihre Jobs fürchten müssen, meinen Sie nicht? Nein, das glaube ich nicht. Die Kolleginnen und Kollegen, die ich treffe, wissen im Alltag kaum noch ein und aus vor Arbeit. Die wissen sehr genau, was die Stunde geschlagen hat. Deswegen muss keiner um seinen Arbeitsplatz bangen. Unsere Aufgabe wird sein, den Wandel zumWohle aller Beteiligten zu gestalten. Zum einen müssen wir in Sachen Digitalisierung endlich mal vorankommen, um die Kolleginnen und Kollegen insbesondere administrativ zu entlasten, damit sie wieder mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben, für die Bürgerinnen und Bürger haben. Zum anderen fordern wir bei Dienst- und Arbeitgebenden noch nachdrücklicher mehr Engagement für Qualifizierungsmaßnahmen ein. Die Privatwirtschaft gibt heute schon deutlich mehr für Weiterbildung aus als der öffentliche Dienst, das muss besser werden. Und ich betone noch mal: Es geht nicht um Personalabbau. Es geht darum, die Arbeitsbelastung für alle auf ein erträgliches Maß zu drücken. Auch das wird sicherlich ein harter Kampf. Aber auch hier gilt: Wenn wir zusammenhalten, wird es am Ende ein Gewinn für alle. ■ Politisches Klein-Klein statt Verantwortung fürs große Ganze. Den Frust darüber spürt man überall in der Republik, und das ist gefährlich. FOKUS 21 dbb magazin | Januar/Februar 2023

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