Es ist zum Verzweifeln: Gewarnt wurde seit vielen Jahren von Gewerkschaften, Elternverbänden, Schulleitungen, Bildungsforschern. Überraschen kann die derzeitige Situation daher niemanden. Und doch fehlt es bis heute an tragfähigen Konzepten, die fehlenden Kapazitäten an deutschen Schulen so auszugleichen, dass Kindern und Jugendlichen die Beschulung ermöglicht wird, auf die sie ein gesetzliches Anrecht haben. Von Lehrpersonal, das dazu physisch und seelisch bestmöglich in der Lage ist und nicht permanent am Rande der Erschöpfung agiert. Im jüngst erschienenen Deutschen Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung, für das bundesweit 1055 Schulleitungen allgemein- und berufsbildender Schulen befragt wurden, steht das Personaldefizit denn auch als Desiderat an erster Stelle. Doch was tun, wenn nicht genügend ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen – oder wenn die, die es gibt, ihre berufliche Zukunft eher in der Stadt als auf dem Land sehen? Stipendien für Landlehrkräfte Brandenburg bemüht sich, bereits angehende Lehrkräfte für Schulen im ländlichen Raum zu gewinnen. 600 Euro imMonat bekommen Lehramtsstudierende als Stipendium, wenn sie sich dafür entscheiden, ihr Referendariat an einer Landschule zu absolvieren und nach ihrem Abschluss so lange an der Schule zu bleiben, wie sie zuvor gefördert worden sind. Tun sie dies nicht, müssen sie das Geld zurückzahlen. Für Fritz Fischer kommt ein solcher Wechsel gar nicht infrage. Als einer der ersten von 23 Stipendiaten, die das Angebot 2022 angenommen haben, ist er an der Grundschule in Premnitz, an der er seither unterrichtet, ausgesprochen zufrieden. Er ist – wie im Programm gewünscht – mit seinem Praxissemester hier eingestiegen und nun fest angestellt, bis er demnächst seinen Vorbereitungsdienst beginnt. Fischer unterrichtet nicht nur gern auf dem Land, gefallen hat ihm auch, dass er sich aus 52 Schulen mit besonderem Bedarf die Stelle aussuchen konnte, anstatt wie sonst üblich für das Referendariat nur Landkreise auswählen zu können. Fischer hat in PotsdamMathematik und Musik auf Lehramt studiert, und Musik war an der Premnitzer Grundschule ein Mangelfach. Können Schulleitungen eine Stelle ein Jahr lang nicht besetzen, sind sie für den Stipendienauswahltopf an Bedarfsschulen qualifiziert. Auch Mecklenburg-Vorpommern bemüht sich seit 2022 mit Finanzierungshilfen um angehende Lehrer. Pauschal zehn Prozent aller Referendarinnen und Referendare im Land können einen monatlichen Zuschlag von 20 Prozent des monatlichen Anwärtergrundbetrages erhalten, wenn sie sich für den Vorbereitungsdienst an Schulen außerhalb der größeren Städte entscheiden und dort nach erfolgreichem Abschluss noch drei Jahre unterrichten. „Lehrerbildungslandpartie“ Seit 2019 versucht Mecklenburg-Vorpommern zudem, mit der „Lehrerbildungslandpartie“ Lehramtsstudenten für eine Berufskarriere im ländlichen Raum zu gewinnen. Studierende aus Rostock und Greifswald besuchen ausgewählte Schulen in VorpomLehrkräftemangel Kreative Ideen für den ländlichen Raum Die Klagen über den akuten Lehrkräftemangel in ganz Deutschland reißen nicht ab. Dazu gibt es auch keinen Grund: Statt zu schmelzen, wächst die Personallücke. Besonders hart trifft die fehlgeleitete Politik der vergangenen Jahre die Schulen im ländlichen Raum, insbesondere in Ostdeutschland. Wie stemmen die sich gegen die Entwicklung? Model Foto: Colourbox.de 16 FOKUS dbb magazin | März 2023
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