dbb magazin 3/2023

mern und an der Mecklenburgischen Seenplatte. Auf der Tour können sie hospitieren, erhalten Führungen und bekommen die Gelegenheit, Lehrkräfte und Schulleitungen nach ihren Erfahrungen mit dem Lehrkräftedasein auf dem Land zu befragen. Kontakte für das Praktikum oder den Vorbereitungsdienst lassen sich auf diesen Reisen ebenfalls knüpfen. Abends kümmert sich dann auch mal die freiwillige Feuerwehr vor Ort um die Verköstigung der Studierenden, geschlafen wurde 2019 in umgebauten Eisenbahnwaggons. Das Interesse an den mehrtägigen „Lehrerbildungslandpartien“ ist so groß, dass die Veranstaltung 2023 in ihr viertes Jahr geht. Sie wird zudem intensiv beworben, unter anderemmit einem Imagefilm über die erste Reise, wie Mecklenburg-Vorpommern ohnehin mit kleinen Clips Lehrkräfte und Lehramtsstudierende für die Küste zu interessieren versucht. „Gardelehrer“ Die erste Landpartie für Lehramtsstudierende fand allerdings 2018 woanders statt – in Sachsen-Anhalt. Das Ziel der Reise war Gardelegen, eine Stadt mit einer Vielzahl eingemeindeter Dörfer. Die Initiative ging von der Einheitsgemeinde Hansestadt Gardelegen aus. Seit 2017 macht sich der dortige Stadtrat Gedanken darum, wie man junge Lehrkräfte für die Schulstandorte in der Einheitsgemeinde und den Altmarkkreis Salzwedel gewinnen kann. Mit einem entsprechenden Beschluss vom Juni 2018 wurde die Stadt in Zusammenarbeit mit demMinisterium für Bildung zur Vorreiterin vieler Projekte, die mittlerweile auch in anderen Bundesländern aufgegriffen werden. Die vomMinisterium für Bildung organisierte Landpartie zählt dazu, aber auch das Stipendium für Lehramtsstudierende, die nach Abschluss des Referendariats in der Einheitsgemeinde bleiben. 300 Euro erhalten die Stipendiaten dafür monatlich – und zwar ab dem 1. Semester bis zum Eintritt ins Referendariat. „Gardelehrer“ heißt das Projekt, das ähnlich wie die bereits beschriebenen Stipendienprogramme darauf zielt, dass die Geförderten den Schulstandorten in der Gemeinde langfristig erhalten bleiben – mindestens so lange nach dem Abschluss, wie sie zuvor gefördert worden sind. Ansonsten muss auch hier zurückgezahlt werden. Um den Berufseinsteigern das Dasein auf dem Land zu erleichtern, unterstützt die Stadt sie zudem bei der Wohnungssuche, stellt auch Bauland zur Verfügung. Freiräume Nicht nur in Gardelegen bemühen sich Kommunen außerdem, Nachwuchs für das Lehramt schon an den Schulen zu ermitteln – und Interessierte zu ermutigen und durch regelmäßige Informationen bei der Stange zu halten. Die Schulleitungen tun, was sie können, um den Lehrbetrieb so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. Dennoch: Das entstandene Personaldefizit wird sich auch durch noch so großes persönliches Engagement nicht ausgleichen lassen. Nach Ansicht der OECD reicht das Problem ohnehin viel tiefer. Der Lehrkräftemangel in Deutschland sei „hausgemacht“, so der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Der Mangel hänge nicht am Geld, heißt es im aktuellen OECD-Bildungsbericht von Oktober 2022. Im internationalen Vergleich verdienten Lehrkräfte in Deutschland genug. Trotzdem seien die Personalprobleme hier besonders groß. Denn der Beruf – und das ist nach OECD-Sicht das entscheidende Manko – sei trotz der Aussicht auf einen gut bezahlten, sicheren Beamtenjob für junge Leute zu unattraktiv. Das liege an den schlechten Arbeitsbedingungen und Berufsperspektiven. Lehrkräfte in Deutschland, so das Fazit, hätten viel zu wenig Gelegenheit, das zu tun, wofür sie eigentlich in den Beruf gegangen seien: jungen Menschen zu helfen, ihren Weg zu finden, und sie auf diesemWeg zu begleiten. Lehrkräfte bräuchten Freiräume, um eigene Ideen zu entwickeln, kreative Unterrichtskonzepte zu erproben, sich mit anderen auszutauschen und gemeinsam in Teams arbeiten zu können. Genau daran aber hapere es. Bis 2035, so die derzeitigen Prognosen, wird sich der Lehrkräftemangel noch verschärfen. Die Kultusministerkonferenz geht bis dahin von einem Lehrkräftebedarf von einer halben Million aus. Höchste Zeit also, endlich grundsätzliche Reformen in Angriff zu nehmen – von Ausbildung bis Berufsalltag. Damit sich wieder mehr junge Menschen für das Lehramt entscheiden – auch in den ländlichen Regionen. Andrea Böltken Das Deutsche Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung ist unter folgendem Link einsehbar: https://tinyurl.com/2p9dpaaj. Der OECD-Bildungsbericht 2022 findet sich hier: https://tinyurl.com/22ct8b3z. Webtipps Das entstandene Personaldefizit wird sich auch durch noch so großes persönliches Engagement nicht ausgleichen lassen. Model Foto: Colourbox.de FOKUS 17 dbb magazin | März 2023

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