dbb magazin 3/2023

SOZIALWAHLEN 2023 „Man erlebt einfach die dollsten Sachen“ ImMai 2023 stehen die Sozialwahlen an. Nachdem die Mitglieder der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund gewählt worden sind, berufen diese die ehrenamtlichen Versichertenberater und -beraterinnen. Das dbb magazin sprach mit Adolf Thoma, der seit 1968 als Versichertenberater in Freiburg tätig ist. Der 1936 geborene Thoma kann gut zuhören und antwortet mit Bedacht. Ihm gefällt mit seinen 55 Jahren Beratungserfahrung der Zoom Call viel besser als ein Telefonat: „Da sieht man, mit wemman es zu tun hat.“ Thoma umreißt sein Aufgabenfeld als Versichertenberater so: „Ich berate und helfe Menschen, die bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Altersrente stellen, auf Erwerbsminderungs- oder auch auf Hinterbliebenenrente.“ Schon kurz nachdem er in der Stadtverwaltung Freiburg angefangen hatte, habe die komba gewerkschaft ihn, den „Neuen“, als Mitglied geworben. In dieser Zeit Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre sei die Sozialpolitik immer wichtiger geworden und der dbb als Tarifvertragspartei aufgetreten. Nach der Sozialwahl 1968 habe der dbb Leute gebraucht, die bereit gewesen seien, Ehrenämter zu übernehmen. Und da sei er gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, als Vertreter der komba ehrenamtlich als Versichertenberater oder, wie es damals hieß, als Versichertenältester tätig zu sein. Der Aufwand, um sich das nötige Fachwissen anzueignen und es bis heute auf dem aktuellen Stand zu halten, sei nie klein gewesen: Nachdem er berufen worden sei, habe er einen einjährigen, sehr intensiven Ausbildungsgang absolvieren müssen. Und einmal im Jahr mache er bis heute eine Fortbildung. Die dauere minimal eine Woche. Als er noch in seinem Beruf tätig gewesen sei, habe ihn die Freiburger Stadtverwaltung dafür freigestellt. Über den zeitlichen Aufwand und das Engagement, das man da einbringen kann oder möchte, entscheide man hingegen selbst. Er verabrede mit der Versicherung verbindlich Sprechstunden, die auch veröffentlicht würden. Während derer könnten sich die Menschen an ihn wenden. Dank dieser Verbindlichkeit sei das Ganze auch mit dem Familienleben recht gut vereinbar gewesen. Jetzt als Rentner mache er sogar etwas mehr als im aktiven Berufsleben, sagt der 87-Jährige: „Bis zu dreimal imMonat biete ich Sprechstunden von ein bis zwei Stunden Länge an.“ Weil der Bedarf unvermindert groß und während der Coronapandemie sogar gewachsen sei, habe Thoma nie ans Aufhören gedacht. „Ich habe mich immer im gewerkschaftlichen Bereich für die Interessen unserer Mitglieder eingesetzt“, erklärt Thoma seine Motivation, „und wollte meine Erfahrungen auch im öffentlichen Bereich einbringen. Es ist eine großartige Sache zu erleben, wie dankbar einem Versicherte für diese Hilfeleistungen begegnen.“ Rentenanträge könnten sowohl bei der Rentenversicherung Bund, bei den Landesversicherungsanstalten als auch auf kommunaler Ebene gestellt werden, und die Ehrenamtlichen helfen bei der Einleitung der Rentenverfahren. Geprüft und entschieden würde natürlich von den Profis. Bleibt die Frage, warum diese Arbeit von Ehrenamtlichen gemacht wird? „Die Versichertenberater sind ein Bindeglied zwischen Versicherten und der Verwaltung der Rentenversicherung“, erklärt Thoma. Er und die anderen Ehrenamtlichen helfen bei der Antragstellung und beraten am liebsten, bevor ein Rentenantrag gestellt wird. „Die Leute denken häufig, ihr Rentenverlauf sei geklärt“, erzählt Thoma aus dem Beratungsalltag. „Dann frage ich nach den Ausbildungs- oder Erziehungszeiten. Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen worden ist. Und die Leute reagieren überrascht: ‚Das gehört zur Rente?‘ Da erlebt man die dollsten Sachen!“ Sehr häufig dann, wenn er nach den Lücken in der Arbeitsbiografie frage: „Was war 1987, was haben Sie da gemacht?“ Und als Antwort bekomme man zu hören: „Da kann ich mich nicht dran erinnern.“ Auf die Frage, wie viele Menschen er wohl im Laufe der Zeit beraten habe, sagt er: „Ihre Frage bringt mich in die Bredouille! Ich habe mal geschaut und allein in 2022 waren es etwa 100 Beratungsfälle. Seit 1968 werden es über 10000 gewesen sein.“ Das Ehrenamt beanspruche ihn schon, dennoch bleibe Luft für Hobbys: Sehr viel Zeit verbringe er mit Arbeit in seinem Garten. Und er fröne mit seiner Frau ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Reisen. Wie wichtig die Arbeit der Versichertenberaterinnen und -berater für Adolf Thoma ist, wird anhand seines leidenschaftlichen Engagements für die Beteiligung an der Sozialwahl deutlich. Die DRV Bund ermittelt die Zuweisungsquote der Versichertenberater für die Listenorganisationen in Abhängigkeit des Wahlergebnisses der einzelnen Listen der Sozialwahlen. „Mein Appell geht daher an alle Mitglieder in den Fachgewerkschaften und Organisationen des dbb: Machen Sie sich mit Ihrer Stimmabgabe stark für die Liste des dbb! Aktivieren Sie auch Familienangehörige und Freunde für die Sozialwahl.“ ada Haben Sie Interesse daran, selbst als ehrenamtliche Versichertenberaterin oder als -berater tätig zu werden? Schreiben Sie dem dbb oder rufen Sie uns an: E-Mail: wiso@dbb.de / Telefon: 030.40815301 Beraterinnen und Berater gesucht © Privat Adolf Thoma 30 INTERN dbb magazin | März 2023

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