gewiesener Schutzgebiete – eine Methode, mit der 70 Prozent der Wasserversorgung der Bundesrepublik sichergestellt werden. Als dritte Quelle der Versorgung des Großraums um Bonn und Siegburg bis nach Rheinland-Pfalz dienen drei eigene Brunnen. Alles wird rund um die Uhr von der Betriebszentrale gesteuert. Pro Schicht führen zwei Experten Aufsicht. 20 Mitarbeiter sind derweil im Gelände unterwegs oder im weißen Spezialboot, mit dem sie die Wasserqualität prüfen. In Deutschland arbeiten fast 5500 Betriebe in der Wasseraufbereitung. Das Land ist für sein reines Trinkwasser bekannt. Das Wahnbachtaler gehört überdies zu der „weichen“ Sorte, es produziert wenig Kalkablagerungen und spart so privaten Haushalten häufiges Duscheputzen, manche Teefilter und Reparaturkosten. Damit das so bleibt und die werthaltige Flüssigkeit in die Wohnungen des Rheinlands südlich von Köln rauschen kann, muss sie „Multibarrieren“ passieren, die in den Flachbauten rundherum aufgebaut sind. „Wir wissen, dass wir nicht im Urwald leben“, sagt Radermacher. Viel Landwirtschaft, viele Betriebe und Siedlungen gebe es hier – mit viel Abwasser, was gesundheitliche Gefahren beim Trinkwasserkonsum bedeuten könnte. „Der WTV hat ein lückenloses System entwickelt, um die hohen Anforderungen der Trinkwasserverordnung in mehreren Stufen zu erfüllen.“ Filter für Filter wird das Nass sauberer. Beim zweistündigen Marsch durch die Röhrenwelt bei doch knappen Plusgraden stehen wir irgendwann vor der jüngsten Reinigungsoption. BeimWahnbachtalsperrenverband gibt es jetzt Ultraschalleinsatz als letzten Schritt der Rohwasserbehandlung. Das killt einen vielleicht verbliebenen Rest von schädlichen Organismen, ohne dass chemische Rückstände entstehen. Der Einsatz von Chlor und Kaliumpermanganat? Ist hier Vergangenheit. Auch die andere Vergangenheit, die der Sandoz-Katastrophe, ist lange her. Damals wurden Konsequenzen gezogen: mehr Sicherheit in den Chemiewerken entlang des Flusses. Eine Neujustierung des staatlichen Rheinwarnsystems. Heute stellen sich den Wasserförderern ganz neue Herausforderungen. Inflationäre Strompreise und damit ein heute schon 20-prozentiger Stromkostenanteil gehören dazu, verursacht meist durch die zahlreichen notwendigen Pumpen. Und langsam wird es Zeit für die Reparatur des ausgedehnten Rohrleitungsnetzes, das 70 bis 80 Jahre alt ist und so – wie überall in der Republik – irgendwann zur auch finanziellen Zeitbombe werden kann. Vor allem aber: Was ist mit der zunehmenden Trockenheit, den spürbaren Folgen des Klimawandels? Kann der Staat seine wichtigste Aufgabe, die Sicherstellung der Versorgung mit dem Lebensmittel Trinkwasser, überhaupt garantieren? Und wie? Nicht nur die WTV-Geschäftsführerin Ludgera Decking hat da längst eigene, drängende To-doListen im Kopf. Sparsame Deutsche Die Deutschen sind keine Verschwender von Trinkwasser. Das haben sie über drei Dekaden bewiesen. Ihr Pro-Kopf-Verbrauch lag in den 1990er-Jahren bei 145 Litern am Tag. Bis vor Kurzem waren es noch knapp über 120 Liter, hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW ausgerechnet. Das meiste, 46 Liter, geht für Baden, Duschen und die Körperpflege drauf. 34 Liter spülen wir in der Toilette oder durchs Urinal runter. 15 Liter machen unsere Wäsche sauberer und acht Liter unser Geschirr und Besteck. Ganze fünf Liter täglich trinken wir oder nehmen es über das Essen zu uns. Wobei: Der Hausgebrauch stellt gerade ein Fünftel des gesamten Konsums dar. Der ganze „Wasserfußabdruck“ ist viel größer. Darin versteckt sich, umgerechnet auf Einwohner, zusätzlich die Abgabe an Industrie und Gewerbe, besonders stark an den Bergbau und die Energiebranche. Unterm Strich macht das zusammen 7200 Liter pro Kopf und Tag. „So viel wie 48 gefüllte Badewannen“, übersetzte einprägsam das ZDF. Dem privaten und industriellen Verbrauch steht die vorhandene Wasserressource durch die Natur gegenüber. Experten wie Radermacher sprechen vom „Dargebot“. Hier zeichnen sich die größten Sorgen ab. Selbst in Bonn, wo Westwinde bisher genug Regen heranpeitschen. 2015 stellte die WTV den ersten Anstieg des Verbrauchs seit Langem fest. Sie führte dies zunächst auf wachsende Zuwanderung zurück. Doch es folgten trockene Jahre, 2018 bis 2020, mit erneuten Verbrauchsanstiegen. Wenn es heiß ist draußen, trinken die Menschen mehr und sie sprengen öfter ihren RaKontrolle der „Multibarriere“-Bearbeitung des Trinkwassers: In der modernen Kommandozentrale wachen Experten im Schichtbetrieb über die Reinigungsstufen. FOKUS 13 dbb magazin | Mai 2023
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