zum Trinkwasserschutz. Doch wir fühlen uns derzeit wie ein Zulieferer, der sein hochwertiges Produkt amWerkstor eines Konzerns abliefert, aber keinen gerechten Lohn für seine Leistung erhält.“ Das ist kein Poker umMehreinnahmen. Der parteilose Pöhnlein zählt gegenüber dem dbb magazin die katastrophalen Folgen der aus seiner Sicht misslichen Lage für seine eigene Gemeinde auf: Auf Wasser zu sitzen, kann auch nötige Entwicklungen blockieren. Die Naturschutzauflagen im Fördergebiet seien hoch, zuletzt seien bei ihm sämtliche Industriebetriebe abgewandert oder insolvent gegangen. Neue Baugebiete dürften nicht ausgewiesen werden. „Wir haben praktisch kaum Gewerbesteuereinnahmen. Das Handwerk ist notleidend. Wir sind von Staatshilfen abhängig, wollen aber endlich auf eigenen Beinen stehen.“ Neue Konzepte müssen her Bayerns Staatsregierung will über die Einführung eines Wassercents nach der bevorstehenden Landtagswahl beschließen. Aber die Koalition aus CSU und Freien Wählern ist uneins. Denn Bayern zählt zu den für die Verbraucher überaus preiswerten Regionen. 3,47 Euro je 1000 Liter zahlt man hier im Schnitt. Bundesweit sind das 4,15 Euro. Das weiß auch Michael Pöhnlein. Bekämen seine Kommune und die anderen endlich Geld für ihr Wasser, „muss das an den Verbraucher weitergegeben werden“, räumt er ein. Künftige Wasserpolitik wird ihren Preis haben. Der Streit kann heftiger werden. In der Schublade von Landespolitikern liegen noch andere Lösungspakete, um eine drohende Trockenzeit zu überstehen. Fernwasserversorgung heißt die eine Überschrift, auch „Wasserspange“ genannt. Quer durch Deutschland könnten ein Meter breite Pipelines verlegt werden. Regenreichere Regionen liefern dann den austrocknenden Gebieten zu. Die Süddeutsche Zeitung hat dafür jedoch „Kosten locker imMilliardenbereich“ ausgemacht, und der Schwarzwälder Bote fragte in einer Schlagzeile: „Trinken die Bayern bald unseren Bodensee leer?“ Offen ist, wie über solche Ansätze verhandelt werden kann: Zwischen Regionen? Zwischen Ländern? Oder muss der Bundestag entscheiden? Und: Wer soll das bezahlen? Abseits von Wassercentstreit und Spangenoptionen denken Kommunalpolitiker Michael Pöhnlein in Bayern und WTB-Geschäftsführerin Ludgera Decking in NRW bei der Zukunftssicherung für sauberes, ausreichend verfügbares Trinkwasser auch an einen sehr einleuchtenden dritten Ausweg. Kommt er, wird er unseren Alltag verändern. Danach müssten die Ressourcen technisch aufgespalten werden. „Man sollte gutes Trinkwasser nur noch dort einsetzen, wo man diese hohe Qualität braucht“, sagt Pöhnlein. Zum Trinken eben. Nicht zum Klospülen. „Die Wasserresourcen müssen anders verteilt werden“, findet Decking. Für Toiletten „können wir Regenwasser oder Brauchwasser nutzen“. Dann berichtet sie, wie das funktioniert: Nahe der Wahnbachtalsperre bei Bonn testet die Stadtreinigung von Troisdorf, wie Wasser nachhaltiger verteilt werden kann. Sie hat ein Sozialgebäude errichtet, in demMüllwerker duschen dürfen und vor der Türe ihre Lkw gereinigt werden. Das genutzte Duschwasser dient dem Säubern der Müllautos. Es ist eine Mülltrennung der nächsten Generation. Text: Dietmar Seher Fotos: Uta Wagner Über 300 Bundesbürger wurden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gebeten, ihre Meinungen zur Sicherung einer guten Wasserversorgung in der Zukunft zu sagen. Manche Vorschläge (wie etwa den „Wasser-Soli“) diskutierten dafür gebildete Runden durchaus kontrovers. In vielen Punkten war man sich jedoch einig. Hier einige Forderungen aus dem Katalog. > Über nachhaltige Wassernutzung soll schon in Schulen und Bildungseinrichtungen diskutiert werden. > In Aufklärungskampagnen sollen Bürger über alle Medienkanäle „Best Practice“ erfahren, wie nachhaltige Wassernutzung abläuft. > Der Staat muss die Wassernutzung stärker regulieren. Die Forderung: Die Bundesregierung soll Einsparziele für den Verbrauch vorlegen, ähnlich wie bei CO2. > Der Wasserverbrauch über dem Grundbedarf muss mindestens die anfallenden Kosten sowie die Regeneration des Wassers decken. > Es sollte höhere Standards für Kläranlagen geben. > Der Anteil der versiegelten (bebauten) Landschaft muss zurückgenommen werden, um Grundwasserneubildung zu unterstützen. > Grundwasserentnahme sollte notfalls regional begrenzt werden, insbesondere in Trockenphasen. Auch eine „Priorisierung“ für verschiedene Nutzerinnen und Nutzer könnte helfen. > Mehr Brauchwasser soll in Landwirtschaft, Gartenbewässerung und Industrie genutzt werden. > Mehr Digitalisierung, um den Wasserverbrauch bei der Herstellung von Papier zu reduzieren. > In der Landwirtschaft ist für weniger Gülleeintrag zu sorgen. Was die Bürger übers Wassersparen denken Klinisch rein: Riesige Wasserbecken dominieren das Umfeld der Zentrale des Wahnbachtalsperren-Verbands. FOKUS 15 dbb magazin | Mai 2023
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