dbb magazin 6/2023

Bei der Umsetzung des OZG arbeitet Hessen mittlerweile im Rahmen einer länderübergreifenden Kooperation mit dem Saarland und Rheinland-Pfalz zusammen und tauscht Online-Prozesse aus, die auf einer gemeinsamen technischen Plattform entwickelt werden. Die im Verbund entwickelten Lösungen können in den jeweiligen Landes- und Kommunalverwaltungen der Kooperationspartner eingesetzt werden. In einer gemeinsamen Prozessbibliothek sind die verfügbaren Online-Prozesse recherchierbar, um diese anschließend in die eigenen IT-Systeme zu integrieren. Auch Thüringen ist Teilnehmer an dieser „Mitte-Kooperation“ für digitale Verwaltungsdienstleistungen. Bessere Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen Dunja Kreiser, Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für die Digitalisierung der Verwaltung und das Onlinezugangsgesetz im Innenausschuss, zeigte sich realistisch: Die staatlichen Strukturen „sind, wie sie sind“, Föderalismus und Vielgliedrigkeit der deutschen Verwaltung seien schlicht Realität. Die Bundestagsabgeordnete glaubt nicht an die große Staatsreform, wohl aber an bessere Abstimmung: „Der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation, kurz FITKO, müssen deshalb zukünftig bei Koordinierung und Impulsgebung für die Daueraufgabe Digitalisierung der Verwaltung eine noch stärkere Rolle spielen. Hierfür müssen sie sicherlich auch strukturell und finanziell gestärkt werden.“ Gleichzeitig müssten aber auch die Länder ihren Part übernehmen. „Viele der Zuständigkeiten für digitale Dienstleistungen liegen eben nicht beim Bund, sondern bei den Ländern.“ Was auf jeden Fall fehle, seien verbindliche finanzielle Zusagen von Bund und Ländern. „Die erste Verantwortung für die Kommunen liegt aber eindeutig bei den Ländern. Eins ist klar: Die Kommunen können die notwendigen Investitionsprogramme auf keinen Fall alleine stemmen“, mahnte Kreiser. Digitalcheck für Gesetze als Gamechanger? Malte Spitz plädierte für eine stärkere Ende-zu-Ende-Digitalisierung. Den bisherigen föderalen Ansatz „Einer für Alle“ (EfA), also die Entwicklung von digitalen Lösungen durch ein Bundesland stellvertretend für alle anderen, hält er dabei allerdings für nicht zukunftsfähig: „Das hat nicht funktioniert.“ Es brauche eine stärkere Standardisierung bei der Lösungsentwicklung. Als möglichen „Gamechanger“ sieht Spitz den sogenannten Digitalcheck für Gesetze, den der Normenkontrollrat (NKR) nun entwickeln werde. Wenn die digitale Umsetzung bereits im Gesetzgebungsprozess berücksichtigt werde, könnte dies zu qualitativ hochwertigen Lösungen in der Praxis beitragen. Spitz: „Die Mitglieder des Bundestages müssen das einfach von Anfang an mitdenken.“ Bei seiner Kritik am bisherigen Fortschritt bei der Verwaltungsdigitalisierung wollte sich Spitz nicht auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser konzentrieren. „Das ist ein Problem der gesamten politischen Spitze des Landes. Mein Eindruck ist, dass es vielfach nicht als Gewinnerthema gesehen wird und es eher Angst vor schlechter Presse gibt.“ In der Diskussion um die Sinnhaftigkeit eines Rechtsanspruchs auf digitalen Zugang sagte der Mitgründer und Generalsekretär der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), der Rechtsanspruch sei erforderlich, um gleichwertige Lebensverhältnisse umzusetzen. Es brauche auch ein Druckmittel im Verfahren, wie es zuvor das verbindliche Zieldatum gewesen sei. Hier widersprach dbb Chef Ulrich Silberbach, der die Forderung nach einem Rechtsanspruch, wie ihn etwa die FDP erhebt, für populistisch hält: „Wer soll da wen mit welchen Sanktionen belegen können?“ Gleiches gelte für die vereinzelt geforderten Strafen für Behörden, die bei der Digitalisierung zurückblieben. Der dbb Bundesvorsitzende betonte, dass die Digitalisierung der Verwaltung einer nachhaltigen Finanzierung bedürfe. „Wenn der Bund hier zu viele Bedingungen stellt, haben wir ein Problem. Wir haben es beim ‚DigitalPakt Schule‘ gesehen, dass etwa eine Kofinanzierung viele Kommunen überfordert und die Mittel deshalb nicht abfließen“, hielt Silberbach fest. br, ef, iba, nak „Wir brauchen schlicht auch die Zusammenarbeit mit der freien IT-Wirtschaft.“ Patrick Burghardt © John Schnobrich/Unsplash.com Model Foto: Colourbox.de 10 AKTUELL dbb magazin | Juni 2023

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