dbb magazin 6/2023

ONLINE EU Data Act Mehr Daten für den Staat Daten stehen imMittelpunkt des digitalen Wandels. Sie gelten als das Gold des digitalen Zeitalters und wer Zugriff auf sie hat, gestaltet die Zukunft. Die Europäische Kommission hat das erkannt und eine ganze Reihe von Gesetzesinitiativen angestoßen. Mit dem „Data Act“will sie der Europäischen Union ein neues Datengesetz geben. Der Data Act zielt darauf ab, Hindernisse für die Verbreitung und das Teilen von Daten zu beseitigen. Er enthält Maßnahmen zur Schaffung einer gerechten Datenwirtschaft sowie Regelungen für das Teilen von Daten zwischen Privatpersonen und Unternehmen, zwischen Unternehmen untereinander und zwischen Unternehmen und dem Staat. Am 13. März 2023 hat sich das Europäische Parlament auf eine gemeinsame Position verständigt, die Mitgliedstaaten zogen im Rat der EU am 24. März 2023 nach. Die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und dem Rat der EU sollen bis zum Ende des Sommers andauern. Wie viel Datenzugang für den Staat? Im Fokus der Öffentlichkeit stand bislang immer das Thema „Open Government Data“. Dabei geht es um die Bereitstellung von Datenbeständen des öffentlichen Sektors zur freien Nutzung und Weiterverwendung für Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Mit zahlreichen Gesetzen wurden staatliche Stellen entsprechend dazu verpflichtet, ihre Daten zu veröffentlichen und kostenlos bereitzustellen. Das Thema der Bereitstellung von Daten in die andere Richtung, also das Teilen von Firmendaten mit dem öffentlichen Sektor, spielte in der politischen Diskussion hingegen lange Zeit kaum eine Rolle. Verschiedene Krisen wie die Coronapandemie, der Krieg in der Ukraine oder auch Naturkatastrophen haben verdeutlicht, wie wichtig die Nutzung von Daten aus der Wirtschaft für die Krisenbewältigung und die Krisenprävention ist, und zu einem Umdenken innerhalb der Politik geführt: Auch der Staat sollte Datenbestände privater Unternehmen intensiver nutzen können, um ein besseres Krisenmanagement zu realisieren. An dieser Stelle setzt der Data Act an. Er soll öffentliche Stellen dazu ermächtigen, unter besonderen Umständen Daten von privaten Unternehmen anfordern zu dürfen, beispielsweise zur Verhinderung eines öffentlichen Notfalls oder als Reaktion darauf. Das Robert Koch-Institut konnte während der Coronapandemie beispielsweise nur dank der Daten der Deutschen Telekom AG untersuchen, wie sich die Mobilität der Bevölkerung im Lockdown entwickelt hat. Offene Fragen, ungelöste Konflikte Wie viel Zugang zu welchen Unternehmensdaten soll der Staat bekommen? Soll er nur in Notfällen darauf zurückgreifen dürfen oder auch darüber hinaus? Sollten kleine Unternehmen von der Pflicht ausgenommen werden, Daten zu teilen? Diese politisch umstrittenen Fragen sind Gegenstand der Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen. Sie berühren den Nutzen für das Gemeinwohl, den Datenschutz, Unternehmensinteressen und nicht zuletzt das Vertrauen in staatliche Institutionen. Denn Daten aus der Wirtschaft taugen nicht nur dazu, die staatliche Aufgabenerfüllung in Notfallsituationen zu verbessern. Telekommunikationsdaten können zum Beispiel auch dazu dienen, Menschenansammlungen und Massenbewegungen auszuwerten, Migrationsströme besser zu managen oder das Touristenaufkommen in überfüllten Städten zu steuern. Handlungsbedarf für einen rechtlichen Rahmen besteht daher nicht nur in Sachen Datenschutz, sondern auch, weil die Wirtschaft selbst meist wenig Interesse an der freiwilligen, womöglich kostenfreien Bereitstellung ihrer Daten hat. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr vertritt Deutschland bei den Verhandlungen und hat sich klar für einen staatlichen Datenzugang ausgesprochen, allerdings unter Berücksichtigung von Geschäftsgeheimnissen, Eigentumsrechten und ohne die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen einzuschränken. Eine Pflicht zur Bereitstellung von Daten müsse streng verhältnismäßig und zielorientiert sein. Unternehmen dürften nicht über Gebühr belastet werden. jb Model Foto: Colourbox.de AKTUELL 13 dbb magazin | Juni 2023

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