dbb magazin 6/2023

FRAUEN Sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz Null Toleranz bei Grenzüberschreitungen Anzügliche Kommentare von Kollegen oder unerwünschte Berührungen vom Chef: Betroffene von sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz sind zumeist Frauen. Vor sieben Jahren brach die #MeToo-Debatte das Schweigen über sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz. Damals wurde anhand der Erfahrungsberichte deutlich, wie viele Beschäftigte betroffen sind. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist gesetzlich festgelegt, dass Beschäftigte in ihren Berufen keine Benachteiligung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität erfahren dürfen. Das Gesetz soll Schutz für Arbeitnehmende bieten und gleichzeitig Arbeitgebende dazu verpflichten, diesen zu gewährleisten. In der Realität sieht es leider anders aus. Eine Studie aus dem Jahr 2019, durchgeführt von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, zeigt, dass neun Prozent aller Beschäftigten in den vergangenen drei Jahren sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt waren, in der Mehrheit Frauen. Eine klare Definition des Tatbestandes ist im AGG verankert: Es beschreibt jedes sexualisierte Verhalten, das von der betroffenen Person nicht erwünscht ist. Dazu zählen verbale und nonverbale Formen sowie physische Belästigungen wie sexuell anzügliche oder zweideutige Bemerkungen und Witze, aufdringliches Starren und Hinterherpfeifen, unerwünschte Berührungen, Annäherungen und letztlich sexualisierte Übergriffe in Form von körperlicher Gewalt. Die Studie bestätigt, dass 62 Prozent der Befragten Belästigungen in Form von sexualisierten Kommentaren erlebten. 44 Prozent berichteten von unerwünschten Blicken, Gesten und Nachpfeifen. Und 26 Prozent von unerwünschten Berührungen. Auch der dbb hatte im Rahmen der Bürgerbefragung 2018 entsprechende Daten erhoben. 26 Prozent aller abhängig beschäftigten Frauen in Deutschland haben demnach schon Formen sexueller Belästigung oder sexistischen Verhaltens im Arbeitsumfeld sich selbst gegenüber erlebt. Zudem gibt mehr als die Hälfte aller benachteiligten Frauen an, wegen ihres Geschlechts am Arbeitsplatz diskriminiert worden zu sein. Der Anteil der Männer lag bei 14 Prozent. „Die sexuelle Belästigung verletzt die Würde der betroffenen Person. Entscheidend ist dabei nicht, ob die Würdeverletzung beabsichtigt ist“, heißt es von der Antidiskriminierungsstelle. Es ist gesetzlich festgelegt, dass die betroffene Person das ihr widerfahrene Verhalten danach bewertet, ob sie es für angemessen hält oder nicht. Damit kann auch ein gut gemeintes Kompliment ohne weitere Hintergedanken vom Chef oder „Betroffene sind zum Teil auch finanziell von den Tätern abhängig. Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren oder dass ihnen Aufstiegsmöglichkeiten versperrt werden.“ Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung © Mihai Surdu/Unsplash.com 28 INTERN dbb magazin | Juni 2023

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