dbb magazin 7-8/2023

Der Referentenentwurf des Gesundheitsministeriums sieht vor, dass gesetzlich Krankenversicherte die elektronische Patientenakte (ePA) im Januar 2025 automatisch bekommen. Wer sie nicht nutzen möchte, muss über das sogenannte „Opt-out-Verfahren“ ausdrücklich widersprechen. Bis Ende 2026 mindestens sollen darüber hinaus 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten durch das neue Forschungsdatenzentrum Gesundheit realisiert werden. „Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück. Das können wir nicht länger verantworten. Deshalb machen wir einen Neustart – erschließen die elektronische Patientenakte für alle, machen das elektronische Rezept alltagstauglich und erleichtern die Forschung auf Grundlage von Gesundheitsdaten. Moderne Medizin basiert auf Digitalisierung und Daten. Ihre Vorteile zu nutzen, macht Behandlung besser“, gab sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf einer Pressekonferenz am 9. März 2023 in Berlin kämpferisch. Das Bundesgesundheitsministerium habe die Digitalisierungsstrategie über mehrere Monate gemeinsammit Patientenvertretern und Akteuren des Gesundheitswesens entwickelt. Sie soll den Rahmen liefern, Versorgungsprozesse, Datennutzung und Technologien bis zum Ende des Jahrzehnts weiterzuentwickeln. Neue digitale Standards Kernpunkte sind das Digitalgesetz, das den Behandlungsalltag mit digitalen Lösungen verbessern soll, sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, mit dem Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden sollen. Im Zuge des Digitalgesetzes soll auch die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet werden. Ebenso soll das E-Rezept verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung sein und sowohl mit der Gesundheitskarte als auch mit der ePA-App eingelöst werden können – und das sogar schneller als ursprünglich geplant: E-Rezepte sollen laut Lauterbach bereits ab 1. Juli 2023 möglich sein. „Das E-Rezept ist endlich alltagstauglich“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am 13. Juni und bekräftigte: „Zum 1. Juli 2023 können Patienten das erste Mal das E-Rezept in den Apotheken ganz einfach mit ihrer Versichertenkarte abrufen. Bis Ende Juli werden voraussichtlich schon 80 Prozent der Apotheken in Deutschland an das System angeschlossen sein. Wenn die Patienten ihre Versichertenkarte in den Apotheken in die Lesegeräte einstecken, liegt das E-Rezept dann bereits in der Datenbank vor. Es geht jetzt mit der Digitalisierung los.“ In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept könnten damit auch ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln vermieden werden, indem die ePA für jeden Versicherten mit einer vollständigen, weitestgehend automatisiert erstellten, digitalen Medikationsübersicht befüllt wird. Ebenfalls im Rahmen des Digitalgesetzes soll die Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH) zu einer Digitalagentur in 100-prozentiger Trägerschaft des Bundes weiterentwickelt und in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt werden. Die gematik trägt die Gesamtverantwortung für die Telematikinfrastruktur (TI), die zentrale Plattform für digitale Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen. Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) soll darüber hinaus eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufgebaut werden, die den Zugang zu Forschungsdaten aus verschiedenen Quellen wie Krebsregister oder Krankenkassendaten ermöglicht. Auch soll die federführende Datenschutzaufsicht für bundesländerübergreifende Forschungsvorhaben auf alle Gesundheitsdaten erweitert werden. Die datenschutzrechtliche Aufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen hätten damit die Landesdatenschutzbeauftragten. Zustimmung und Kritik Der GKV-Spitzenverband, die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland, begrüßte die Vorhaben der Bundesregierung: „Die elektronische Patientenakte hat das Potenzial, zum Herzstück eines digital modernisierten Gesundheitswesens zu werden. Wir unterstützen das Vorhaben, sie künftig allen gesetzlich Versicherten obligatorisch zur Verfügung zu stellen. Schon heute bieten alle gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten die Nutzung einer ePA an. Allerdings kann sie nur dann Die elektronische Patientenakte soll für alle Bürgerinnen und Bürger zügig eingeführt werden. Wer sie nicht nutzen möchte, muss ausdrücklich widersprechen. Das Vorhaben ist Teil der Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung für das Gesundheitswesen und die Pflege. Mehr Daten für das Gesundheitssystem Elektronische Patientenakte und E-Rezept Model Foto: Colourbox.de 12 FOKUS dbb magazin | Juli/August 2023

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