Krankenpfleger, danach hat er bei der Bundeswehr gearbeitet. Nach einer sechsmonatigen Vollzugsschulung mit Unterrichtsinhalten wie Straf- und Strafvollzugsrecht, Psychologie und Eigensicherung arbeitet er seit 2002 hier im Krankenhaus, ist inzwischen Medizinproduktebeauftragter und stellvertretender Vorsitzender des Personalrates. Wie alle, die hier arbeiten, ist er beides: Justizvollzugsbediensteter und medizinische Fachkraft. Gerber zeigt uns das Haus. Das Klappern seines Megaschlüsselbundes ist die Begleitmusik unseres Rundgangs. Alle Schlösser sind viermal so groß wie die Sicherheitsschlösser „draußen“, ebenso die Schlüssel. Für ihn Routine, für die Besucher befremdlich. Ob als Zugang zum Treppenhaus, auf die Stationen oder zu jedem einzelnen Raum: Gerber schließt jede Tür vor uns auf, lässt uns passieren und schließt hinter uns sorgfältig wieder ab. Das ist die eine Seite seines Berufes, die des Justizvollzugsbeamten. Dann zeigt er uns die Behandlungsräume und die Stationszimmer, in denen das Pflegepersonal die Patienten auch medizinisch überwacht. Die sehen so aus, wie in ganz normalen Krankenhäusern – wären da nicht die Fenstergitter und die Überwachungskameras. Selbst Räume für kleinere chirurgische Eingriffe gibt es hier. Auch die Patientenzimmer sehen kaum anders aus als Ein- oder Zweibettzimmer mit Nasszelle in anderen Berliner Krankenhäusern – nur haben die Fenster eben Gitter und die sehr soliden Türen neben den Schlössern auch große Riegel. In einigen ist der Durchgang zur Toilette zusätzlich mit einem Gitter gesperrt. Da in Zellen geraucht werden darf und Patientenzimmer Hafträume sind, sind Häftlinge wohl die einzigen Patienten, die im Krankenhaus rauchen dürfen. Das ist deutlich zu riechen. Einen Unterschied machen aber vor allem die Kriseninterventionsräume, in denen sich außer einer Matratze, einer Toilette, einer Deckenkamera und einer Panzerglasscheibe zum danebenliegenden Überwachungsraum nichts befindet. Nichts womit der Patient sich selbst verletzen oder jemanden vom Personal angreifen könnte. Medizinische Versorgung auf der Höhe der Zeit Im Haus arbeiten Fachabteilungen wie Physio- und Ergotherapie. Die Gänge sind mit Bildern, die Häftlinge im Rahmen der Kunsttherapie geschaffen haben, geschmückt. Es gibt mit Fitness- und Sportgeräten ausgestattete Therapieräume, denn die Patienten des JVK leiden doppelt unter dem Bewegungsmangel, den eine Haft mit einer Stunde Hofgang pro Tag ohnehin bedeutet. Der ambulante Teil des Krankenhauses wirkt wie ein medizinisches Versorgungszentrummit Untersuchungszimmern, einer Röntgenabteilung, Räumen auch für zahnmedizinische Versorgung. Ultraschall und endoskopische Untersuchungen können hier vorgenommen werden. Gerber ist auf die medizintechnische Ausstattung seines Hauses stolz. Er möchte wie alle, mit denen wir hier sprechen können, seine Patienten und Patientinnen gut versorgt sehen. Das ist die andere, die pflegerische Seite seines Berufes. Täglich kommen auch Insassen anderer Berliner Haftanstalten zu Untersuchungen ins Haus. Fürs CT oder MRT, aber auch für größere chirurgische Eingriffe, eben für alles, was das JVK nicht leisten kann, werden die Häftlinge „ausgeführt“ – also unter Bewachung in die entsprechend ausgerüsteten Berliner Kliniken gebracht und dort behandelt. Über die medizinische Notwendigkeit entscheiden die Ärzte, über den Bewachungsaufwand, der für den Häftling bei solchen Ausführungen betrieben werden muss, entscheidet die Leitung der Haftanstalt. Mitunter wird in der Öffentlichkeit kolportiert, dass Häftlinge so eine Vorzugsbehandlung erführen, da sie schneller an Termine bei Spezialisten kämen und auch keine Wartezeiten hätten. Wer so argumentiert, übersieht, dass als gefährlich eingeschätzte Häftlinge mitunter mit nicht magnetischer Fesselung imMRT untersucht werden. Die „vollzugliche SicherSogar endoskopische Untersuchungen sind im JVA-Krankenhaus möglich. Eingriffsraum im JVK Plötzensee. FOKUS 15 dbb magazin | Juli/August 2023
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