dbb magazin 7-8/2023

Silberbach: Alle Beschäftigten sollen sich am Arbeitsplatz sicher fühlen „Bei sexualisierter Gewalt und Belästigung sowie Mobbing darf es keine Toleranz geben – auch und gerade im öffentlichen Dienst. Hier steht der Staat als Arbeitgeber besonders in der Pflicht und sollte für andere gesellschaftliche Bereiche und die Privatwirtschaft ein Vorbild sein“, erklärte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Das bedeute mehr Prävention und mehr Aufklärungsarbeit. „Und es darf bei konkreten Fällen keine Willkür im Umgang damit geben. Deshalb brauchen wir standardisierte Verfahren, sowohl bei der Unterstützung von Betroffenen als auch bei der Ermittlung der Vorgänge und der Ahndung von Täterinnen und Tätern. Alle Beschäftigten sollen sich am Arbeitsplatz sicher fühlen können“, so der dbb Chef. Paus: Gewalt werden wir nicht hinnehmen Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, stellte in ihrem Gastbeitrag klar: „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Form von Gewalt, die sich vor allem gegen Frauen richtet und bei der es in erster Linie um die Demonstration von Macht geht. Wir dürfen und wir werden sie nicht hinnehmen! Schutz und Unterstützung sowie das Recht auf einen Arbeitsplatz ohne sexuelle Belästigung, Diskriminierung und Gewalt – das gilt für alle. Und klar ist zugleich: Der öffentliche Dienst muss Vorbild im Kampf gegen sexuelle Belästigung sein.“ Ziel müsse eine Kultur sein, in der sexuelle Übergriffe geächtet werden. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Sexismus und sexualisierte Gewalt in allen ihren Erscheinungsformen zu verhindern und zu beenden – dieses Ziel voranzutreiben, dafür setzt sich das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ ein. Paus: „Mehrere Hundert Unternehmen und Organisationen haben sich bereits angeschlossen. Ich bin stolz, Schirmherrin des Bündnisses zu sein.“ „Sexismus ist überall“, unterstrich die Ministerin. Das habe die weltweite #Metoo-Debatte deutlich gemacht. Sexismus verschärfe die ungleiche Verteilung von Macht zwischen Männern und Frauen und sei Nährboden für sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt. Neun Prozent aller erwerbstätigen Personen hätten Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gemacht, so das Ergebnis einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Besonders Frauen waren betroffen, doppelt so häufig wie Männer. Mir ist es wichtig zu betonen, dass sexuelle Belästigung eine Form von Gewalt ist, die sich vor allem gegen Frauen richtet. Das werden wir nicht hinnehmen.“ Die Politik müsse umfassend ansetzen, damit Gewalt im Vorfeld verhindert und ihre Ursachen bekämpft werden könnten. „Dazu gehört auch, dass wir eine nationale Gesamtstrategie gegen Gewalt erarbeiten. Außerdem wollen wir das Recht auf Schutz und Beratung bei Gewalt in einem Bundesgesetz festhalten und damit dafür sorgen, dass alle betroffenen Frauen die Hilfe erhalten, die sie brauchen.“ Richtig sei auch: „Wir sind noch lange nicht am Ziel“ – deshalb seien Formate wie die fachpolitische Veranstaltung der dbb frauen so wichtig. Walter: an gesellschaftlichen Rollenbildern arbeiten Katrin Walter, Abteilungsleiterin für den öffentlichen Dienst im Bundesinnenministerium (BMI), betonte: „Wir müssen alle an unseren gesellschaftlichen Rollenbildern arbeiten.“ Dazu könnten alle durch ihr persönliches Verhalten beitragen. Entscheidend seien aber auch gesetzliche Maßnahmen, die sämtliche Lebensbereiche betreffen – einen Rahmen dafür bilde die Istanbuler Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die seit Februar 2023 uneingeschränkt in Deutschland gilt. „Die Bundesregierung hat damit ein klares Zeichen gesetzt.“ Zu konkreten Maßnahmen, die das BMI umsetzen möchte, gehört unter anderem die Schaffung spezieller Ansprechstellen bei der Polizei, wo betroffene Frauen Hilfe bekommen, berichtete Walter. Auch intern will das BMI klare Zeichen gegen Gewalt, Mobbing und Schikane setzen. Deshalb hat die Behörde einen Änderungsentwurf für das Bundesdisziplinargesetz vorgelegt, um Disziplinarverfahren zu beschleunigen. „Wer so etwas tut, verletzt seine arbeitsrechtlichen und dienstrechtlichen Pflichten. Im Einzelfall kann und muss das strafrechtlich, zivilrechtlich „Es darf bei konkreten Fällen keine Willkür im Umgang damit geben.“ Ulrich Silberbach „Der öffentliche Dienst muss Vorbild im Kampf gegen sexuelle Belästigung sein.“ Lisa Paus INTERN 29 dbb magazin | Juli/August 2023

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