Völlig außer Frage steht, dass wir in vielen Bereichen sehr viel schneller und unkomplizierter werden müssen. Mitspracherechte werden grundsätzlich gewährleistet bleiben, trotzdem sollen Infrastrukturprojekte schneller und einfacher vorankommen. Ein zentraler Aspekt des Planungsbeschleunigungsgesetzes ist beispielsweise die Möglichkeit, eine marode Brücke ohne Planfeststellungsverfahren erneuern zu können, auch wenn sie schon an künftige Verkehrsbedürfnisse angepasst wird. Andernfalls müssten viele Ersatzbauwerke zunächst ein langjähriges Planungsverfahren durchlaufen. Bis dahin könnte es vielerorts passieren, dass die Tragfähigkeit nicht mehr gegeben ist und die Brücke vorab gesperrt werden muss. Das würde zu enormen Belastungen des Individual- und Wirtschaftsverkehrs führen und es wäre auch eine Qual für die Anwohnerinnen und Anwohner der Ausweichstrecken. Dies gilt es dringend zu vermeiden. Aus Sicht der Gewerkschaften ist – schon um Abwerbungen zu verhindern – das Tarifergebnis mit Bund und Kommunen die Benchmark für die Verhandlungen mit den Ländern im Herbst. Sehen Sie das auch so? Zunächst einmal: Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes leisten – unabhängig von der Ebene, auf der sie arbeiten – gute Arbeit. Sie haben gerade in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, wie wichtig ein funktionierender öffentlicher Dienst für unser Gemeinwesen ist. Die Preissteigerungen, vor allem im Energiebereich, treffen natürlich auch das Personal der Länder und das wird sicher auch im Tarifabschluss zum Ausdruck kommen. Aber warten wir erst einmal die Verhandlungen ab. Ich gehe davon aus, dass auch die von Ihnen angesprochene potenzielle Abwerbeproblematik sowie auch der Fachkräftemangel insgesamt von den Tarifpartnern mitbedacht werden. Wie Sie wissen, gibt es aber auch durchaus strukturelle Unterschiede zwischen Bund und Kommunen auf der einen und den Ländern auf der anderen Seite. So ist der Personalkostenanteil im Haushalt bei den Ländern bekanntlich am größten. Zudem unterscheiden sich auch die Personalkörper. Da zum Beispiel die Lehrkräfte in der Regel bei den Ländern beschäftigt sind, ist der Anteil des Personals mit Hochschulabschluss bei den Ländern tendenziell höher als bei Bund und Kommunen. Dies wirkt sich in der Regel durch höhere Bezahlung aus. Von daher waren auch in der Vergangenheit immer mal wieder Abweichungen notwendig. Wo wir am Ende landen, bleibt dann aus guten Gründen den Tarifverhandlungen überlassen. Welche Bedeutung messen Sie dem angekündigten Demokratiepaket der Europäischen Kommission bei, das die freiheitlich-demokratische Ordnung in der EU mit konkreten Maßnahmen verteidigen soll? Eine starke, handlungsfähige und demokratische Europäische Union ist entscheidend für den Erhalt von Frieden, Freiheit und Wohlstand. Die in Europa geteilten demokratischen Werte gehören zum Kern der europäischen Gemeinschaft, sie müssen unbedingt geschützt werden. Nach den Erfahrungen bei verschiedenen Wahlen weltweit gilt es nun, auch den Schutz der kommenden Europawahlen am 9. Juni 2024 in den Blick zu nehmen. Wir müssen uns sowohl vor äußerer Einflussnahme schützen als auch von innen heraus die demokratische Widerstandsfähigkeit stärken. Insgesamt nehmen antidemokratische Bestrebungen im In- und Ausland zu. Dazu gehören Fake News, die Finanzierung antidemokratischer Organisationen und wirtschaftliche Einflussnahmen. Es ist daher zu hoffen, dass die Kommission bald ein ausgewogenes Paket zur Verteidigung und Stärkung der Demokratie vorlegt. Dieses sollte zielgerichtet illegitime Aktivitäten zu unterbinden versuchen und darüber hinaus Engagement und Beteiligung an öffentlichen politischen Entscheidungsprozessen fördern. Unsere Demokratie lebt von aktiven Bürgerinnen und Bürgern. Zudem – und da komme ich zum Anfang zurück – braucht eine wehrhafte Demokratie das Engagement der gesamten Gesellschaft. Insofern sind alle gefordert, sich insbesondere den wachsenden rechtsextremen Bestrebungen entgegenzustellen. ■
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