es ist eine schwierige Zeit“, sagt die zierliche Frau, die Selbstbewusstsein, vor allem aber Ruhe und Empathie ausstrahlt. „Viele müssen ins Isolierzimmer, zu unserem Schutz, aber auch zu ihrem eigenen.“ In dieser Zeit versuchen die Pflegekräfte, Vertrauen und eine Beziehung aufzubauen, die Grundlage für jede Therapie. Manchmal dauere es lange, bis die Betroffenen zugänglich sind und auf andere Stationen verlegt werden können, erzählt Doehring, die einige Jahre in der Krisen- und Aufnahmestation für Frauen gearbeitet hat. Wenn die Lage eskaliert Heute leitet Doehring Station 6. Hier sind nur Männer untergebracht, größtenteils mit Intelligenzminderungen. „Unsere Patienten stehen nicht einmal am Rand der Gesellschaft, sie stehen auf der anderen Seite“, sagt die gläubige Christin. „Ich sehe es als meine Aufgabe, sie wieder an die Gesellschaft heranzuführen.“ In ihren Patienten sieht sie nicht nur Täter, sondern auch Opfer. Denn es handelt sich oft um Menschen, um die sich von klein auf niemand gekümmert hat. Viele wurden vernachlässigt, geschlagen, missbraucht, haben schreckliche Dinge erlebt, stets Ablehnung erfahren. Doehring hat unter anderem einen Kindersoldaten betreut, der infolge seiner Traumata selbst zum Täter geworden ist. Was ihre Patienten genau getan haben, das möchte sie nicht im Detail wissen. „Grob weiß ich natürlich Bescheid, weil es für meine Sicherheit wichtig ist. Aber ich möchte mir selbst ein Bild von den Menschen machen.“ Und so wirkt der Täter mit den dunklen kurzen Haaren, der den Pflegekräften kaum von der Seite weicht, stets einen Becher mit sich trägt und allen freundlich die Hand reicht, auf Außenstehende recht harmlos. Gleiches gilt für den älteren Herrn, der auf einen Rollator gestützt durch die Gänge schleicht und vor sich hin brabbelt. Wenig bedrohlich auch der Patient, der gerade vom Raucherbalkon kommt und schüchtern erzählt, dass er seit 2011 im Maßregelvollzug sei. Doch es gibt auch Situationen, in denen die Lage eskaliert. Neulich stand ein Patient Nase an Nase mit einem Mitarbeiter. „Ich habe gesagt, dass ich jetzt den Knopf drücke“, erzählt Doehring. Alle Pflegekräfte tragen ein Telefon bei sich, mit dem sie Alarm auslösen können. Unter bestimmten Voraussetzungen „Wenn die Patienten bei uns ankommen, klatschen sie meistens hart auf, es ist eine schwierige Zeit.“ Annette Doehring Grüne Barriere statt Mauer: In dieser Hecke verbergen sich Zaun und Stacheldraht. Das Haus im Hintergrund ist nicht mehr Teil der Klinik. FOKUS 25 dbb magazin | September 2023
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