dbb magazin 9/2023

Im ZDF-Morgenmagazin vom 15. August 2023 unterstrich Silberbach diese Positionen im Vorfeld der Pressekonferenz zur Bürgerbefragung: „Wir stellen fest, dass sich das gesellschaftliche Klima nicht zum Positiven entwickelt. Das spiegelt sich im Verhalten mancher Menschen wider.“ Dabei sei eine Mischung aus verschiedenen Faktoren auffällig: „Da ist einerseits Respektverlust. Wir haben es mit Menschen zu tun, die sich offensichtlich einen Spaß daraus machen, Rettungskräfte anzugreifen oder in einen Hinterhalt zu locken. Anderseits stellen wir im politischen Diskurs fest, dass bestimmte Hemmschwellen gefallen sind.“ Gewalt werde eingesetzt, um dem Staat zu zeigen: „Ich mache nicht, was du von mir willst.“ Die Lösung könne jedoch nicht die Abschottung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes „mit Sicherheitsglas und Schleusen“ sein, denn das gehe zulasten der Bürgernähe. Notwendig sei ein neuer politischer Diskurs, der „klare Kante“ gegen diese Verstöße zeige, sowie ausreichend Personal bei Sicherheit und Justiz, „um denjenigen, die unser System mit Füßen treten, Herr zu werden“. Mehr politische Unterstützung gefordert Was sagen die Beschäftigten selbst? Die Einschätzung, welche Maßnahmen besonders erforderlich sind, unterscheiden sich zwischen Ost und West teilweise deutlich. Gleiches gilt für die beiden Beschäftigtengruppen innerhalb des öffentlichen Dienstes. So sehen Beamte häufiger als Tarifbeschäftigte eine Dringlichkeit in der konsequenten Digitalisierung aller Aufgaben sowie in einer guten und leistungsgerechten Bezahlung. Für die Tarifbeschäftigten hat die schnellere und bessere Terminvergabe, die Verbesserung von Beratung und Service sowie eine Verjüngung des öffentlichen Dienstes höhere Priorität. Bezüglich ihrer Gewalterfahrung geben mit 54 Prozent mehr als die Hälfte der im öffentlichen Dienst Beschäftigten an, selbst schon einmal bei ihrer Tätigkeit behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen worden zu sein. Beamte sind davon deutlich häufiger betroffen als Tarifbeschäftigte. Im Vergleich zu 2019 ist der Anteil der im öffentlichen Dienst Beschäftigten, die selbst Opfer eines solchen Vorfalls waren, um sechs Prozent gestiegen. Auf der Pressekonferenz zur Studie im dbb forum berlin rief Silberbach die Politiker in Bund, Ländern und Gemeinden dazu auf, sich vor ihre Beschäftigten zu stellen und sie moralisch, materiell und organisatorisch angemessen zu unterstützen: „Lasst uns endlich unsere Arbeit machen. Was die Bürgerinnen und Bürger – und übrigens auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst – wollen, ist ganz einfach: Der Staat soll seine Aufgaben erfüllen und für die Menschen da sein.“ Sie wollten keinen anderen Staat, sondern einen effizienten. Auch da seien die Ergebnisse der Bürgerbefragung eindeutig. „Statt die Mittel für die Digitalisierung zu kürzen und ständig immer neue, immer kompliziertere Gesetze zu verabschieden, sollte die Bundesregierung das Gegenteil tun: mehr Digitalisierung, mehr Bürokratieabbau und mehr Serviceleistungen im öffentlichen Dienst umsetzen.“ ■ Die dbb Bürgerbefragung 2023 steht zum kostenlosen Download bereit: t1p.de/ buergerberfagung2023. dbb Bürgerbefragung 2023 dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2023 Foto: Colourbox.de Einschätzungen, Erfahrungen und Erwartungen der Bürger 11 dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2023 3 Bewertung verschiedener Einrichtungen der öffentlichen Hand Den Befragten wurden verschiedene öffentliche Einrichtungen genannt mit der Bitte, die Arbeit dieser Einrichtungen anhand von Schulnoten von 1 bis 6 zu bewerten. Weiterhin schneiden die Straßenreinigung bzw. Müllabfuhr sowie die Bibliotheken (jeweils 2,0), gefolgt von den Museen (2,1) am besten ab. Landes- bzw. Bundesministerien (3,6 bzw. 3,8) sowie Arbeits- und Sozialämter (3,5 bzw. 3,4) werden im Vergleich zu den anderen Behörden schlechter bewertet. Die Bewertung der Arbeit der verschiedenen Behörden fällt alles in allem ähnlich aus wie im vergangenen Jahr. Im Vergleich zum Jahr 2020 werden insbesondere Landes- und Bundesministerien (- 0,5 bzw. – 0,6) sowie Krankenhäuser und Finanzämter (jeweils – 0,4), aber auch viele andere Behörden (Straßenreinigung und Müllabfuhr, Kindergärten, Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung, Schulen – jeweils – 0,3) schlechter bewertet. Bewertung einzelner Behörden Es vergeben die Schulnote (Mittelwert) Veränderung: 2020 2021 2022 2023 2023 – 2022 2023 - 2020 Straßenreinigung, Müllabfuhr 1,7 1,8 1,9 2,0 - 0,1 - 0,3 Bibliotheken 1,9 1,9 2,0 2,0 0 - 0,1 Museen 2,0 1,9 2,1 2,1 0 - 0,1 Kindergärten 2,2 2,2 2,4 2,5 - 0,1 - 0,3 Hallenbäder, Freibäder 2,4 2,4 2,5 2,5 0 - 0,1 Fachhochschulen, Universitäten 2,3 2,4 2,5 2,5 0 - 0,2 Polizei, Kriminalpolizei 2,3 2,4 2,5 2,5 0 - 0,2 Krankenhäuser 2,4 2,5 2,7 2,8 - 0,1 - 0,4 Sozialversicherung 2,7 2,8 2,9 2,9 0 - 0,2 Gerichte 2,8 2,8 3,0 3,0 0 - 0,2 Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung 2,8 2,9 3,1 3,1 0 - 0,3 Finanzämter 2,8 2,9 3,1 3,2 - 0,1 - 0,4 Schulen 2,9 3,0 3,1 3,2 - 0,1 - 0,3 Sozialämter 3,2 3,2 3,4 3,4 0 - 0,2 Arbeitsämter 3,3 3,4 3,6 3,5 + 0,1 - 0,2 Landesministerien 3,1 3,4 3,5 3,6 - 0,1 - 0,5 Bundesministerien 3,2 3,6 3,7 3,8 - 0,1 - 0,6 35 dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2023 8.4 Von Übergriffen betroffene öffentlich Bedienstete Über die Hälfte der selbst im öffentlichen Dienst Beschäftigten (54 %) geben an, selbst schon einmal bei ihrer Tätigkeit behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen worden zu sein. Beamte geben deutlichhäufiger als Tarifbeschäftigte an, schon einmal eine derartige übergriffige Tat erlebt zu haben. Im Vergleich zu 2019 ist der Anteil der im öffentlichen Dienst Beschäftigten, die selbst Opfer eines solchen Vorfalls waren, tendenziell etwas angestiegen (+ 6 Prozentpunkte). Von Übergriffen betroffene öffentlich Bedienstete Es wurden selbst schon einmal bei ihrer Tätigkeit behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen % Öffentlich Bedienstete insgesamt 2019 48 2023 54 Beamte 67 Tarifbeschäftigte 48 Männer 51 Frauen 56 Basis: Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Vergleich mit 2019 aufgrund geringer Fallzahlen nur in Tendenzen möglich 21 dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2023 Die Einschätzung, welche Maßnahmen besonders erforderlich sind, unterscheiden sich zwischen Ost und West teilweise deutlich. Gleiches gilt für die beiden Beschäftigtengruppen innerhalb des öffentlichen Dienstes. So sehen Beamte häufiger als Tarifbeschäftigte eine Dringlichkeit in der konsequenten Digitalisierung aller Aufgaben und auch in der ausreichend guten und leistungsgerechten Bezahlung. Für die Tarifbeschäftigten hat die schnellere und bessere Terminvergabe, die Verbesserung von Beratung und Service und eine Verjüngung des öffentlichen Dienstes hingegen höhere Priorität. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes I Folgende Maßnahmen sind besonders erforderlich, um die Leistungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes aufrecht zu erhalten bzw. zu verbessern: insgesamt: Ost West Öffentlich Beschäftigte: 2022 2023 insgesamt Beamte Tarifbeschäftigte % % % % % % % Eine schnellere und bessere Terminvergabe 68 71 77 70 65 61 66 Eine konsequente Digitalisierung aller Aufgaben des Öffentlichen Dienstes 71 69 64 70 70 78 66 Verbesserung von Beratung und Service 64 66 75 65 57 51 59 Eine ausreichend gute und leistungsgerechte Bezahlung der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes 42 43 35 44 66 70 64 Eine Ausweitung der Öffnungszeiten der Behörden 43 41 44 41 32 30 33 Die Verjüngung des Öffentlichen Dienstes 41 37 39 37 45 40 47 Prozentsumme größer 100, da Mehrfachnennungen möglich AKTUELL 5 dbb magazin | September 2023

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