Personalmangel und Leistungsfähigkeit des Staates „Es wird noch viel öfter rumpeln“ Dem öffentlichen Dienst fehlt auf allen Ebenen Personal. Die Bevölkerung werde das in den kommenden Jahren noch stärker zu spüren bekommen, warnt dbb Chef Ulrich Silberbach. In den kommenden zehn Jahren werden über 1,3 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes altersbedingt ausscheiden. „Wenn sie überhaupt so lange durchhalten, denn bereits heute fehlen etwa 360 000 Leute – das macht die Arbeit für die vorhandenen Kolleginnen und Kollegen natürlich umso stressiger“, erklärte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 8. August 2023 gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. „Es wird noch viel mehr, öfter und lauter rumpeln als jetzt.“ Wenn Digitalisierung und Bürokratieabbau keine Fortschritte machten, werde der Personalmangel Bearbeitungsfristen verlängern, Betreuungsschlüssel verschlechtern und die staatliche Leistungsfähigkeit insgesamt signifikant schwächen. Der Staat muss besser bezahlen Die sinkende Leistungsfähigkeit der Daseinsfürsorge führe in der Bevölkerung zu Frust, der immer wieder auch in Aggressivität und Gewalt gegenüber den Beschäftigten umschlage: „Die Gesellschaft verroht, das Misstrauen gegen den Staat wächst. Leidtragende sind natürlich auch die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, nicht nur bei Polizei und Rettungsdiensten, sondern auch in Schulen, Jobcentern und Bürgerämtern.“ Um mehr Menschen für die Arbeit beim Staat zu gewinnen, will der dbb Chef die Bedingungen dort verbessern. Der öffentliche Dienst müsse besser bezahlen. Gerade in Zeiten steigender Inflation bräuchten die Leute mehr Geld in der Tasche. „Eine Möglichkeit wäre, Zuschläge und Zulagen wieder steuerfrei zu stellen. Außerdem können wir flexiblere und familienfreundlichere Arbeitszeitmodelle anbieten, den Einsatz für das Gemeinwohl hervorheben und auch mit der relativen Sicherheit des Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst werben. Das sind keine schlechten Argumente.“ Fatales Sparen an Digitalisierung dbb und dbb jugend kritisieren in diesem Zusammenhang auch den Plan der Bundesregierung, die Ausgaben für die Digitalisierung zu kürzen. Das Klein-Klein um Zuständigkeiten habe bereits das Onlinezugangsgesetz (OZG) verzögert. Eigentlich sollten Bund, Länder und Gemeinden ihre Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2022 digital anbieten. „Dieses Ziel wurde bekanntermaßen krachend verfehlt“, sagte Silberbach am 7. August 2023 in Berlin. „Und in dieser Gemengelage will die Bundesregierung nun die Ausgaben für die Digitalisierung kürzen. Diese Einsparungen müssen verhindert werden, sonst brauchen wir beim OZG noch einen dritten Anlauf. Das wäre fatal.“ Nicht zuletzt hätten Kürzungen direkte Auswirkungen auf die Attraktivität der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und würden den Fachkräftemangel weiter verschärfen. „Wenn wir hier nicht mit der Zeit gehen und die Digitalisierung weiter verschlafen, nehmen uns junge Leute als modernen Arbeitgeber nicht mehr ernst.“ Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend, sieht in den Sparplänen der Bundesregierung einen Offenbarungseid: „Offenbar will die Regierung an Faxgeräten und Zettelwirtschaft festhalten“, kritisierte er. „Damit überzeugt man keine potenziellen Nachwuchskräfte.“ Umso wichtiger sei es, dass die Jugend ihre Stimme einbringe. Gelegenheit dazu soll es auf dem Ideencampus der dbb jugend am 19. Oktober 2023 in Berlin geben. Dieses Jahr lautet der Fokus: „Generation Krise – staatklar für die Zukunft?“ Fandrejewski: „Über junge Menschen, ihre Ziele und Visionen wird gerne geredet. Auf dem Ideencampus spricht die Generation der Zukunft selbst.“ ■ Jürgen Köster Der dbb trauert um Jürgen Köster. Der ehemalige Landesvorsitzende des dbb bremen ist am 17. August 2023 im Alter von 69 Jahren überraschend verstorben. Jürgen Köster war langjähriges Mitglied der komba gewerkschaft und stellvertretender Vorsitzender der komba gewerkschaft bremen. Seit November 2015 war er Landesvorsitzender des dbb bremen, den er bis 2022 erfolgreich und engagiert führte. Jürgen Köster war ein überzeugter Gewerkschafter mit Leib und Seele, der sich mit seiner Fachkompetenz auch im dbb Bundesvorstand und in der damals noch sogenannten dbb Grundsatzkommission für Wirtschafts- und Steuerpolitik verdient gemacht hat. In den Gremien des dbb wurde Jürgen Köster für sein Engagement, seine Kollegialität und die stets freundliche Art sehr geschätzt. Der dbb wird Jürgen Köster ein ehrendes Andenken bewahren. Nachruf © privat © Arlington Research/Unsplash.com 8 AKTUELL dbb magazin | September 2023
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