REPORTAGE Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung Deutschlands nautische Detektei Sportboote, Fischerkutter, Containerschiffe: Sobald ein Schiff in deutschen Hoheitsgewässern verunglückt, ist die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung beteiligt. Doch nicht jeder Unfall ist für die Behörde in Hamburg von Interesse. Samstag, 6. Februar 2016, Sorge im Hafen von Burgstaaken, im Süden der Ostseeinsel Fehmarn: Der Fischkutter „Condor“ ist seit mehreren Stunden überfällig. Noch am Vormittag, gegen 11.30 Uhr, hat der Kapitän bei der Fischereigenossenschaft angerufen und einen reichen Fang gemeldet. So reich, dass er und sein Kollege im Hafen Unterstützung beim Verarbeiten der vielen Fische brauchen. Aber die beiden kommen nicht zurück an Land. Inzwischen ist früher Abend. Keine weitere Nachricht, keine Reaktion auf Anrufe. Die Fischereigenossenschaft verständigt die Wasserschutzpolizei. Versuche, das Schiff zu orten, schlagen fehl. Ein Fischkutter steuert die letzte bekannte Position der „Condor“ an, zwei Seenotrettungskreuzer eilen zur Hilfe, darüber hinaus unterstützt die Bundespolizei die Suche, mit Boot und Hubschrauber. Keine Spur von der „Condor“. Die Wassertemperatur beträgt drei Grad Celsius. Noch am selben Abend, nur wenige Stunden später, traurige Gewissheit: Kurz nach 20 Uhr entdeckt der Hubschrauber einen leblosen Körper im Wasser, gegen 20.50 Uhr einen weiteren. Die Seenotrettungskreuzer bergen die Leichen. Es handelt sich um die beiden Fischer. Was ist passiert? Warum mussten die Männer sterben? Und vor allem: Wäre es möglich gewesen, den Unfall zu verhindern? Antworten auf diese Fragen zu ermitteln, das ist der Job von sechs Beamtinnen und Beamten, die für die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) arbeiten, eine der kleinsten Behörden der Republik. Ihr Dienstort: Hamburg, ein schmaler Flur in einem mächtigen Backsteingebäude, das direkt hinter den Landungsbrücken an der Elbe thront. Hier legen Boote für Hafenrundfahrten ab, im Osten die Elbphilharmonie, im Westen der Hamburger Containerhafen, wo Kräne die vielen Container wie bunte Bauklötze aufeinanderstapeln. Der Direktor der Behörde: Ulf Kaspera, Jurist, gebürtiger Oldenburger, seit 2017 im Amt. Er und sein Team werden aktiv, wenn sich in deutschen Hoheitsgewässern sehr schwere Seeunfälle ereignen. Heißt: Wenn ein Schiff untergeht, Menschen sterben oder es zu massiver Umweltverschmutzung kommt. Und auch wenn irgendwo auf den Weltmeeren ein Schiff unter deutscher Flagge schwer verunglückt. „Die Presse fragt mich oft, wer Schuld hat“, erzählt Kaspera, dessen Büro sich am Ende des schmalen Flurs befindet, auf der rechSchmaler Flur, breites Aufgabengebiet: Ulf Kaspera erläutert die Organisationsstruktur der BSU. © Jan Brenner © BSU (5) 18 FOKUS dbb magazin | Oktober 2023
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