Engagement in einer Personalvertretung dürfe gerade für freigestellte Mitglieder kein „Karrierekiller“ und für Einsteiger kein Abenteuer sein, sondern eine planbare berufliche Entwicklungsstufe. „Zur Sicherung der Akzeptanz der Institution ‚Personalrat‘ braucht es zudem klare und transparente Regeln, gerade bei der Verhinderung von Benachteiligungen“, so Silberbach. Dabei erfordere eine diverser werdende Beschäftigtenstruktur einen Kulturwandel und konkrete Förderung. „Als dbb begrüßen wir die Bemühungen der Bundesregierung, im Rahmen einer ganzheitlichen Diversitätsstrategie Zielvorgaben und Maßnahmen zu erarbeiten und die gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen in diesen Prozess einzubinden.“ Personalräte leben von Idealismus „In Personalräten werden Menschen gebraucht, die idealistisch, aber auch Macher und Macherinnen sind“, sagte Bernd Krösser, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat, in seinem Grußwort. „Das Bestreben, eine bessere Arbeitswelt zu schaffen, ist idealistisch“, so Krösser weiter, und die Bereitschaft, diese Herausforderung anzunehmen, setze Machertum voraus. Die Digitalisierung sei bei diesem Bestreben ein bedeutender Faktor: Laut Krösser wecke eine „Amazonisierung“ der Gesellschaft bestimmte Erwartungen, durch die Menschen immer seltener bereit seien, „aufs Amt“ zu gehen. Die Aufgabe der Personalräte besteht aus Krössers Sicht nun darin, sicherzustellen, dass das für die Bürger, aber auch für die Beschäftigten funktioniert. Den öffentlichen Dienst selbst sieht der Staatssekretär im Wandel: „Der Hintergrund der Beschäftigten, deren persönliche Einstellungen, Herkunft und Erfahrungen werden vielfältiger. Trotz unterschiedlicher Interessen muss ein Common Sense unter den Beschäftigten aufrechterhalten werden.“ Auch die Herausforderung, Menschen für die Mitarbeit in Personalräten zu gewinnen, habe sich vergrößert: „Menschen sind schwerer dafür zu begeistern, sich dauerhaft zu engagieren“, meinte Krösser und forderte: „Die alten Hasen und Häsinnen sind aufgefordert, die Attraktivität der Personalratsarbeit an die Jüngeren zu vermitteln.“ Unerschlossene Potenziale Milanie Kreutz, stellvertretende dbb Bundesvorsitzende, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und Vorsitzende der dbb Grundsatzkommission für Mitbestimmung, erkärte: „Warum engagieren sich Leute im Personalrat, obwohl dies oft viel zusätzliche Arbeit, Frustration und nicht immer die verdiente Anerkennung bedeutet? Weil sie erkannt haben, dass sich die konkreten Arbeitsbedingungen in ihrer Dienststelle nur dann verbessern, wenn sich jemand dafür einsetzt. Und dieser jemand können nicht immer die anderen sein.“ Die Amtszeit biete zudem Gelegenheit zum Erwerb von Kompetenzen, die für das berufliche Fortkommen ebenso wertvoll seien wie für die persönliche Entwicklung. „Personalratsmitglieder erwerben Kenntnisse in verschiedenen Rechtsgebieten, in hochaktuellen gesellschaftlichen Themen und erhalten einen ‚Blick über den Tellerrand‘.“ Sie könnten ein Netzwerk aufbauen, das weit über die Amtszeit hinausreiche, oder sich Soft Skills wie Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Resilienz und Verhandlungsführung aneignen. „Meine Botschaft an alle IdealistInnen und MacherInnen ist daher: Engagiert euch in den Personalräten. Eure Ideen und Vorschläge werden dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen zu verbessern und die Interessen der Beschäftigten effektiv zu vertreten.“ Partizipation durch Transformation Ähnlich wie Bernd Krösser schätzte Dr. Ronald Staples von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg die Situation ein. In seinem Fachvortrag „Digitale Transformation – eine Chance für mehr Partizipation“ skizzierte er neue Herausforderungen für Personal- und Betriebsräte. So führe etwa die veränderte Arbeitswelt – unter anderem durch die fortschreitende Digitalisierung – zu einer stärkeren Individualisierung und veränderten Beteiligungswünschen bei den Beschäftigten. Beispielsweise erwarteten diese vermehrt Partizipationsmöglichkeiten abseits der Gremienarbeit, was bei der stark formalisierten und regulierten Arbeit der Personalräte zu Problemen führen könne – mit entsprechendem Stress für die Personalratsmitglieder. Vor diesem Hintergrund beantwortete auch Staples die Frage des Forums Personalvertretungsrecht, ob Personalräte eher „IdealistInnen oder MacherInnen“ sein müssten, mit einem klaren: „Beides!“ Was Personalräte erreichen können Laut Nicole Knorz, Rechtsanwältin mit dem Spezialgebiet Personalvertretungsrecht, fühlen sich viele Personalratsmitglieder in ihrem Engagement „allein“. Knorz stellte die rechtlichen MöglichBernd Krösser Milanie Kreutz INTERN 25 dbb magazin | Oktober 2023
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