dbb magazin 10/2023

FALL DES MONATS Schwellenwertüberschreitung kann doppelt schmerzen Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH, Urteil vom 23. März 2023, 24 B 20.549) hat darüber entschieden, inwieweit ein Zahnarzt nach abgeschlossener Behandlung neue Gründe für eine Schwellenwertüberschreitung nachreichen darf. Die verbeamtete Patientin hatte Beihilfekosten laut Arztrechnung geltend gemacht. Der Zahnarzt hatte die Überschreitung des Schwellenwertes allerdings erst nachträglich ergänzend begründet. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht München hatte in seinem Urteil vom 7. Februar 2019 (M 17 K 17.4947) festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung des 3,5-fachen Gebührensatzes nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) habe. Die im Beihilfebescheid beanstandeten zahnärztlichen Begründungen seien nicht geeignet gewesen, ein Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen. Insbesondere dürften keine gänzlich neuen Gründe nachgereicht werden. Mit seiner Berufungsentscheidung stellt der Bayerische VGH klar, dass der Streit über die Berechtigung einer ärztlichen Liquidation grundsätzlich dem Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient zuzuordnen sei und zum Zivilrecht gehöre. Ohne zivilgerichtliche Entscheidung habe die Beihilfestelle die sachliche Berechtigung des Gebührenansatzes auf beihilferechtliche Angemessenheit zu prüfen. Dabei bestätigt der Bayerische VGH erneut, dass der 2,3-fache Gebührensatz – der sogenannte Schwellenwert – die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung abbilde. Überschritten werden dürfe er nur, wenn die Behandlung stark von der Norm abweiche. Der Bayerische VGH hat entschieden, dass der Zahnarzt auch nachträglich Ausführungen zur Begründung für das Überschreiten des Schwellenwertes vorbringen kann, um die Notwendigkeit des Mehraufwandes darzulegen. Dabei lehnt sich der Bayerische VGH an eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2008 (2 C 19.06) an, wonach selbst eine auf der Arztrechnung fehlende Diagnose noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgereicht werden kann. Im Ergebnis muss das Verwaltungsgericht die Angemessenheit des abgerechneten Gebührensatzes anhand der ärztlichen Begründungen vornehmen, die zum Entscheidungszeitpunkt vorliegt. Um einen erhöhten Beihilfeanspruch geltend machen zu können, muss eine einzelfallbezo- gene Begründung des Arztes vorliegen. ■ Der dbb gewährt Einzelmitgliedern seiner Mitgliedsgewerkschaften berufsbezogenen Rechtsschutz. Zuständig dafür sind die Juristinnen und Juristen der dbb Dienstleistungszentren in Berlin, Bonn, Hamburg, Nürnberg und Mannheim. Im „Fall des Monats“ gewährt das dbb magazin Einblick in deren Arbeit. dbb Dienstleistungszentren Model Foto: Colourbox.de dbb magazin | Oktober 2023

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