NACHRICHTEN Verwaltungsmodernisierung Der Bund verschläft die Digitalisierung Der öffentliche Dienst muss absehbar mit weniger Beschäftigten auskommen. Digitalisierung und Bürokratieabbau kommen wahrscheinlich zu spät. Beim Zukunftskongress Staat & Verwaltung in Berlin erklärte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 31. August 2023 die Folgen des demografischen Wandels: „In den nächsten zehn Jahren werden über 1,3 Millionen Beschäftigte altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. Mindestens, denn bei dieser Zahl sind diejenigen noch nicht berücksichtigt, die aus anderen Gründen frühzeitig den Dienst quittieren. Dabei wird schon heute überall händeringend Personal gesucht.“ Niemand könne ehrlich sagen, wie die Aufgaben des Staates künftig noch erfüllt werden sollen. „Es spricht doch Bände, dass nun beispielsweise laut darüber nachgedacht wird, den ab 2026 geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder doch erst mal aufzuschieben, weil es schlicht und ergreifend an Personal fehlt.“ Notwendig seien eine echte Digitalisierung der Verwaltung sowie ein konsequenter Bürokratieabbau. „Aber der Zug ist eigentlich schon fast abgefahren, denn die Folgen der seit Jahren bekannten demografischen Entwicklung spüren wir ja bereits“, so Silberbach. „Auch die aktuelle Bundesregierung verschläft die Digitalisierung der Verwaltung bisher. Ein bisschen ‚Online-Terminvergabe hier‘ und ein bisschen ‚Antrag als PDF‘ dort sind keine Digitalstrategie. Dass nach den bisherigen Planungen für den Bundeshaushalt die Mittel für die Verwaltungsdigitalisierung zusammengestrichen werden sollen, ist auch ein verheerendes Signal.“ Dabei könnten in diesem Zuge bürokratische Prozesse deutlich entschlackt werden, damit die Kolleginnen und Kollegen sich endlich wieder um Vorgänge mit Ermessensspielraum und die persönliche Beratung der Bürgerinnen und Bürger kümmern können. Mit Blick auf die am 30. August vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte zum Bürokratieabbau sagte Silberbach: „Wenn das vom Bundestag so verabschiedet wird, ist das ein Anfang. Gerade mit Blick auf Europa und die Bundesländer sowie das Zusammenspiel aller politischen Ebenen bleibt aber weiterhin viel zu tun. Wenn die Kolleginnen und Kollegen in den Verwaltungen endlich flächendeckend nennenswert entlastet werden, können wir die Digitalisierung mit einer Qualifizierungsoffensive vorantreiben.“ ■ Forderungen für mehr Patientenwohl Um Lieferengpässe bei Medikamenten zu vermeiden, müssen Arzneimittel wieder verstärkt in der EU produziert werden. Grundlage für die Patientensicherheit ist die Versorgungssicherheit mit Medikamenten. Derzeit werden viele wichtige Wirkstoffe ausschließlich in Indien oder China hergestellt, häufig von einem einzigen Hersteller. Gibt es ein Problem bei der Herstellung oder in der Lieferkette, kann ein Medikament vorübergehend nicht mehr hergestellt werden“, kritisierte Silberbach zum Internationalen Tag der Patientensicherheit am 17. September 2023. Die Produktion relevanter Wirkstoffe müsse wieder nach Europa verlagert werden. Die zweite große Stellschraube sei laut Silberbach die anstehende Krankenhausreform: „Wir setzen große Erwartungen in die noch für dieses Jahr angekündigte große Krankenhausreform, denn sie soll zentrale Forderungen des dbb aufgreifen“, so Silberbach. Mit der vorgesehenen Ergänzung der Fallpauschalen um eine sogenannte Vorhaltepauschale werde endlich auch das Freihalten von Betten, Personal und technischem Gerät honoriert. Das schaffe mehr finanziellen Spielraum für die Kliniken, die dann allerdings ihren Fokus auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen legen müssten. Internationaler Tag der Patientensicherheit © Model Foto: Volodymyr Shtun/Colourbox.de 4 AKTUELL dbb magazin | Oktober 2023
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