dbb magazin 11/2023

Umweltschutz Neue Konzepte für mehr Nachhaltigkeit Mit Blühwiesen, Fernwärmenetzen und Holzbau gehen drei Kommunen neue Wege in Sachen Nachhaltigkeit. Die Bürgermeister von Bad Soden-Salmünster in Hessen, Flecken Steyerberg in Niedersachsen und Hofstetten in Baden-Württemberg sind im „Netzwerk junge Bürgermeister*innen“ organisiert, einer Organisation, die unter anderem dem Erfahrungsaustausch dient. Alle drei treiben Projekte für mehr Nachhaltigkeit voran. Früher haben sich die Leute beschwert, wenn irgendwo nicht gemäht wurde, erzählt Dominik Brasch (parteilos), Bürgermeister von Bad Soden-Salmünster, einer Stadt mit 14 000 Einwohnern im Südosten Hessens. „Inzwischen rufen Leute an und fragen, warum gemäht wurde.“ Wie es zu diesem Sinneswandel gekommen ist? Der Kurort hat diverse Flächen im Stadtgebiet umgestellt, etwa 40 Stück auf einem Gebiet von vier Hektar. Heißt: Wo früher reine Rasenflächen waren, sind jetzt Blühwiesen, die Insekten und Vögeln einen Lebensraum bieten. Im Frühling und Sommer entfalten die Flächen ihre volle Blütenpracht, das weiß die Bevölkerung zu schätzen – deshalb ist der eine oder andere enttäuscht, wenn die Mitarbeitenden des Bauhofs zum Mähen kommen. „Aber das ist wichtig für die Pflege der Flächen“, erklärt Brasch. Natürliche Bepflanzung für mehr Insekten Das Nachhaltigkeitsprojekt wurzelt in der Initiative „Main-Kinzig blüht“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Biodiversität im Landkreis zu fördern. Anlass für die Gründung war die Krefelder Studie, die 2017 für Aufsehen sorgte. Zentrales Ergebnis: Die Fluginsekten-Biomasse in 63 deutschen Schutzgebieten ist zwischen 1989 und 2016 um 76 Prozent zurückgegangen. „Da muss ein Umdenken stattfinden, natürlich muss sich die öffentliche Hand einbringen“, betont Bürgermeister Brasch. Gesagt, getan. Die Stadt gestaltete zunächst einzelne, aber im Stadtbild sehr präsente Grünflächen um – und das gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Jugendlichen und Kindern. Flächen wurden umgegraben, Blumenzwiebeln und Stauden eingepflanzt. „Uns war es wichtig, dass man schnell Ergebnisse sieht“, sagt Brasch. Dies sei entscheidend, um die Bevölkerung mitzunehmen und Akzeptanz zu schaffen. „Es nützt nichts, wenn kein Verständnis vorherrscht. Wir sind aktiv in die Kommunikation gegangen und haben viel erklärt.“ Und das mit Erfolg. Nach den Pilotflächen folgten sukzessive weitere Flächen: Parkanlagen, wo einst der akkurat gemähte englische Rasen dominierte, Flächen auf Verkehrsinseln und Kreiseln sowie in Industriegebieten. „Vor allem die Mitarbeitenden des städtischen Bauhofs haben mit viel Engagement Ideen beigesteuert und das Projekt maßgeblich nach vorn gebracht“, unterstreicht der Bürgermeister. Auch der örtliche Golfplatz beteiligt sich: Auf dem Gelände gibt es nun zahlreiche Blühstreifen, Obstbäume und Nistkästen – auch ein Bienenvolk wurde angesiedelt. Heute profitiert die Stadt auch wirtschaftlich von der Umstellung: „Am Anfang haben wir viel investiert, den Gerätepark des Bauhofs mussten wir etwas aufstocken“, berichtet der Bürgermeister. Dies habe etwa 20 000 Euro gekostet, was sich jedoch rentiert: Jährlich entfallen mehrere Tausend Euro für die Entsorgung von Schnittgut, außerdem muss die Stadt weniger Geld ausgeben, um die Tiere im städtischen Wildpark zu füttern – das Futter wird nun direkt auf den städtischen Flächen geerntet. Darüber hinaus ist der Pflegeaufwand deutlich geringer als vor der Umstellung. „Früher hat der Bauhof im Sommer fast ausschließlich gemäht“, resümiert Brasch. Das ist nicht mehr erforderlich, die personellen Ressourcen lassen sich entsprechend flexibler und effizienter einsetzen. KOMMUNALPOLITIK Foto: Colourbox.de 16 FOKUS dbb magazin | November 2023

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