dbb magazin 12/2023

Strukturen und Prozesse zu transformieren. Warum auch, wenn doch Arbeitsprozesse seit Jahrzehnten vordefiniert sind und die Verwaltung als Exekutive diese einfach umsetzen muss. Dabei gibt es Spielräume, Prozesse zu verschlanken, Bürokratie eigenständig abzubauen und bürgerorientierter zu denken. Die einzelnen Fachbereiche in den Verwaltungen sollten sich Gedanken machen, welche Ziele sie in Zukunft in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich erreichen wollen, um die übergeordneten Ziele der Behörde oder Kommune zu erreichen. Welche Aktionen und Maßnahmen sind dazu erforderlich? Wie kommunizieren wir mit unseren Zielgruppen? Wie können wir ihre Bedürfnisse und Erwartungen am besten erfüllen? Sind die Handlungen der Verwaltung für Außenstehende verständlich und nachvollziehbar? In Strategieworkshops, die mit einer Befragung der Zielgruppen einhergehen, können Beschäftigte die Sinnhaftigkeit von Arbeitsabläufen reflektieren. Sie wissen letztlich am besten, ob einzelne Schritte im Gesamtprozess notwendig und logisch sind. Wirkungsorientiert und wirtschaftlich denken Unternehmen passen ihre Produkte regelmäßig in Funktionalität und Design sowie ihre Arbeitsprozesse in Effizienz und Reaktionsfähigkeit an sich verändernde Rahmenbedingungen an, um wirtschaftlich zu operieren und um Gewinne sicherzustellen. Da Verwaltungen von anderen Prämissen ausgehen, ist die Notwendigkeit, ihre „Produkte“ und Arbeitsprozesse zu hinterfragen, vordergründig nicht erforderlich. Die Folgen dieses Trugschlusses bekommen sie erst zu spüren, wenn der Unmut der Bevölkerung wächst, weil öffentliche Dienstleistungen träge und unmodern sind, wenn Unternehmen sich aufgrund schwacher Verwaltungsdienstleistungen nicht ansiedeln oder gar wegziehen. Welche Wirkung hat Verwaltungshandeln auf die Kommune und die jeweiligen Zielgruppen? Wie können Digitalisierung und Prozessoptimierung dabei helfen, Dienstleistungen effizienter und schneller zu machen? Wie kann die Verwaltung ressourcenschonend für Finanzen, Personal und Materialien arbeiten? Um diesen Fragenkatalog abzuarbeiten, sollten vorab die grundsätzlich zu erfüllenden gesetzlichen Voraussetzungen geprüft werden. Nach der Bestandsaufnahme können Zielgruppen und Beschäftigte beteiligt werden, um Lösungen zu erarbeiten, die wirtschaftlich und vor allem wirkungsorientiert sind. Agiles Arbeiten fördern Der „Kosmos Verwaltung“ ist meist das komplette Gegenteil der schnelllebigen, innovativen und sich immer wieder anpassenden Welt der Privatwirtschaft. Agiles Arbeiten bedeutet nichts anderes als die Etablierung von Arbeitsweisen, die Teams dazu befähigen, sich den Veränderungen ihrer Umgebung schneller anzupassen und kurzfristig zu reagieren. Wie gelingt das? Teams benötigen dazu mehr Eigenverantwortung. Bei Großprojekten sollten verschiedene Fachbereiche von der Konzeption an in Projektgruppen zusammenarbeiten. Hausinterne bürokratische Hürden müssen abgebaut werden, damit Beschäftigte schnell und bestmöglich reagieren können. Methoden wie Kanban, SCRUM oder Design-Thinking können helfen, Teams agiler arbeiten zu lassen und sich an den Bedürfnissen und Erwartungen der „Kunden“ zu orientieren. Mitglieder einer Projektgruppe sollten nach ihren Kompetenzen ausgewählt und Großprojekte in kleinere „Arbeitspakete“ aufgeteilt werden, die dann diejenigen ausführen, die dies am besten umsetzen können. Ebenso sollte es erlaubt sein, Fehler zu machen. Das gelingt mit dem Leitstern-Prinzip, welches eine grobe Zielrichtung vorgibt. Das Zulassen von „Trial-and-­ Error“-Verfahren gibt die Flexibilität, Dinge auszuprobieren und anzupassen, wenn der gewünschte Effekt nicht erzielt wird. Nur eine lernende Organisation wird produktiver und effizienter. Attraktivität steigern Ein „08/15“-Job in der Verwaltung ist primär für Quereinsteiger höchst unattraktiv. Gerade diese werden künftig jedoch gebraucht, um dem Fachkräftemangel wirkungsvoll zu begegnen. Deshalb müssen Verwaltungen verstehen, was potenzielle Arbeitnehmer:innen erwarten. Bewerber:innen wünschen heute nicht nur eine auskömmliche Bezahlung, sondern vor allem ein modernes Arbeitsumfeld mit Wertschätzung, einer freundlichen Arbeitsatmosphäre, eigenverantwortlichem Handeln und mit Führungskräften, die als konstruktive Begleiter agieren sowie flexible, ortsungebundene Arbeit unterstützen. Wenn selbst eine größere Hotelkette ihre Köche stundenweise ins Home- office schickt, um neue Menüs zu erstellen und Waren zu bestellen, dann sollte auch eine moderne Verwaltung in der Lage sein, für „bürger:innenintensive“ Fachbereiche oder Dienstleistungen Aufgaben zu identifizieren, die ortsungebunden erledigt werden können, etwa Online-Beratungsgespräche oder Backoffice-Aufgaben. Arbeitgeberattraktivität bedeutet mehr, als lediglich Extraleistungen anzubieten. Jobräder, Betriebssport, Betriebsrenten und Weiterbildungsangebote sind gute Argumente für einen Job im öffentlichen Dienst. Genauso wichtig sind jedoch eine zeitgemäße Organisationskultur und ein Umgang mit Beschäftigten, der Empowerment beinhaltet. Nur wenige Mitarbeitende in einer Verwaltung erwarten ernsthaft Loungebereiche und Wohlfühloasen. Sie wollen, dass Arbeitgebende ihnen auf Augenhöhe begegnen und Wertschätzung zeigen. Daniela Kuzu Daniela Kuzu ist Beigeordnete der Fontanestadt Neuruppin, studierte Politikwissenschaftlerin und Konfliktmanagerin sowie ausgebildete Organisationsentwicklerin. Ihre Spezialgebiete sind Führungskräfteentwicklung und die Schaffung von Organisationskulturen. Die Autorin FOKUS 21 dbb magazin | Dezember 2023

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